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Abschiebe-Drama um Haibacher Familie

05.12.2021, 07:00 Uhr in News
301121 Haibach Abschiebung 1

HAIBACH (mz).Sie lebten seit 2012 in Deutschland, waren bestens integriert und sprachen alle deutsch. Familie Mbaeri aus Haibach ist eigentlich eine Vorzeigefamilie in Sachen Integration. Doch diese Woche dann der Schock. Die Familie wurde nach München gebracht und von dort aus in die Ukraine abgeschoben. Freunde und Angehörige sind schockiert. Gibt es noch Hoffnung für Familie Mbaeri?

Sie wollten einfach nur raus aus der Ukraine. Das Ehepaar Chika und Irina Mbaeri entschlossen sich 2012 zur Flucht. Das Ziel: Deutschland. Denn während ihrer Zeit in der Ukraine gehörten Rassismus, Diskriminierung und Gewalt zu ihrem Alltag. Grund dafür ist die nigerianische Herkunft von Papa Chika. Mama Irina wurde im hochschwangeren Zustand auf den Bauch geschlagen. An ein friedliches und freies Leben war in der Ukraine nicht mehr zu denken.

Familie Mbaeri war bestens integriert

In Deutschland angekommen, fanden sie in Haibach ihre neue Heimat. Der älteste Sohn Justin wurde geboren. Ihm folgten noch Tochter Jessica und Sohn Joshua. Justin war in einem Verein aktiv, Familienvater Chika hatte zwischenzeitig eine Arbeit in Stockstadt - die Kinder besuchten die örtlichen Schulen. In ihrem Alltag erfuhr die Familie stets viel Unterstützung vom Verein Gutherzig e.V., Haibachs Bürgermeister Andreas Zenglein oder der Mittelschule, die Justin bis zuletzt besuchte. Sie alle kämpften um ein Bleiberecht für Familie Mbaeri – doch vergeblich.

Wiedereinreisesperre von drei Jahren
Denn vergangene Woche änderte sich das Schicksal der Fünf schlagartig. In der Nacht zu Mittwoch stand plötzlich die Polizei vor der Wohnung. Die gesamte Familie wurde mitten in der Nacht nach München gebracht und von dort aus in die Ukraine ausgeflogen. Keines der Kinder beherrscht die ukrainische Sprache, dennoch wurden sie in dieses ihnen fremde Land zwangsverwiesen. Ganz Haibach zeigt sich fassungslos. „Da ist momentan leider nicht viel zu machen. Wir versuchen irgendwie eine Rückführung nach Deutschland zu organisieren. Dennoch gilt erstmal eine Wiedereinreisesperre von drei Jahren. Die ist aufgrund der Rechtslage auch unumgänglich“, erklärt Bürgermeister Andreas Zenglein.

„Hoffentlich sehe ich Euch wieder“
Was das alles für die Familie bedeutet, zeigt eine emotionale Sprachnachricht des ältesten Sohn Justin an seine Klassenkameraden. Mit tränenerstickter Stimme sagt er, dass die Polizei vor der Wohnung steht und er die Klassenkameraden wahrscheinlich nie wieder sieht. „Es war wohl mein letzter Schultag für das ganze Jahr. Ich möchte mich bei euch allen bedanken und hoffentlich sehe ich Euch irgendwann mal wieder.“ Alle drei Kinder sind in Deutschland geboren und haben noch nie in der Ukraine gelebt. „Die Kinder sind bei uns voll integriert, sie sprechen logischerweise kein Ukrainisch und wissen überhaupt nicht, was sie erwartet“, sorgt sich Andreas Zenglein.

Bürgermeister schreibt an Vitali Klitschko

Das Asylbewerberverfahren ist seit mehreren Jahren rechtskräftig abgeschlossen und als negativ beschieden worden. Auch Klagen vor dem Würzburger Verwaltungsgericht waren erfolglos. „Dagegen ist dann Berufung eingelegt worden, laut aktuellen Informationen sei diese auch noch nicht abgeschlossen“, erklärt uns Rechtsanwalt Christian Mkhitaryan. Er hat vor kurzem die juristische Betreuung der Familie übernommen und kümmert sich aktuell um das Härtefall-Verfahren der Familie. Am Freitag traf sich dann der Wohnungseigentümer mit Maria Kempf, einer Unterstützerin, und einigen Klassenkameraden. Gemeinsam wollen sie Hab und Gut der Familie Kiew schicken. Sie wollen nicht aufgeben. Bürgermeister Zenglein schrieb bereits eine Mail an Ex-Profiboxer und den heutigen Bürgermeister von Kiew Vitali Klitschko. „Ich weiß nicht, ob es funktioniert, aber ich wollte einfach nichts unversucht lassen. Und vielleicht bekomme ich ja in den nächsten Tagen eine Antwort.“

KW48 Abschiebung2
Eine Aufnahme der Abschiebung in der Nacht zum Mittwoch.