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Diese Rentner rocken den Arbeitsmarkt!

20.03.2022, 07:00 Uhr in News
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Fünf Unruheständler von Mömbris bis Schneeberg

BAYER. UNTERMAIN (mg). Der Jahrgang 1956 kann dieses Jahr in Rente gehen. Mit 65 Jahren und zehn Monaten dürfen sich diese Menschen in den verdienten Ruhestand zurückziehen. Wer 1964 oder später geboren ist, kann regulär erst mit 67 Rente beziehen. Aber manche Menschen wollen auch nach über 50 Jahren harter Arbeit ihren Job weiter ausüben. Dafür kann es viele Gründe geben - zum einen reichen die Rentenbeiträge ohne Vorsorge oft nicht aus für ein sorgloses Leben, zum anderen fühlen sich Menschen in Rentenalter oft noch fit genug und wollen einfach noch nicht aufgeben. Wir haben mit fünf rüstigen Rentnern gesprochen, die immer noch den Arbeitsmarkt rocken…

Wilhelm Friedl, 70 aus Haibach(Foto:Rotkreuzklinik Wertheim)

„Unter 80, 90 Stunden die Woche hab ich nie gearbeitet.“ Über 20 Jahre war Wilhelm Friedl Chefarzt für Unfallchirurgie und Orthopädie im Klinikum Aschaffenburg. Diese Tätigkeit hat Friedl voll in Anspruch genommen, aber auch großen Spaß gemacht. „Man hat die Befriedigung, dass man allen Menschen, die mit akuten Problemen oder chronischen Schmerzen kommen, helfen kann.“ Mit 65 musste er in Rente gehen. Für ihn stellte sich aber nicht die Frage, sich zurückzuziehen. „Ich habe meine Arbeit immer geliebt und glaube, dass ich den Menschen noch etwas Vernünftiges anbieten kann - daher war die klare Entscheidung, weiterzumachen.“ Heute arbeitet er als Chefarzt in der Rotkreuzklinik in Wertheim. Allerdings nur noch 30 Stunden die Woche. „Ich sehe das eher als Hobby. Ich kann was Sinnvolles tun und habe genug Zeit für mein Privatleben.“ Einmal in der Woche ist er auch in einer Praxis von ehemaligen Mitarbeitern in Großwallstadt. Dort spricht er mit Patienten über Operationen und führt sie auch durch. „Ich mache das nicht aus materiellen Gründen, ich fühle mich mit 70 noch nicht alt und eine Aufgabe im Leben ist für mich sehr gutes Lebenselixier - ich könnte nicht ohne.“

Rudolf Debes, 73, aus Karlstein

Von Atomkraftwerken zur Kanalsanierung. Rudolf Debes hat in seiner Laufbahn vieles erlebt. Nach seinem Maschinenbau-Studium 1975 war der Diplomingenieur mit der Planung von Kraftwerken und Industrieanlagen beschäftigt. Ab der Jahrhundertwende war der heute 73- Jährige als Inspektor in der Bauaufsicht von Kohle-, Gas-, Schweröl- und Atomkraftwerken sowohl im Inland, als auch im Ausland tätig. Mit 68 Jahren trat er dann in den sogenannten „Unruhestand“. Als Sohn Roman, Geschäftsführer der Firma Kanaltechnik- DF-ING in Karlstein, eine helfende Hand brauchte, war der Vater dann zur Stelle. Heute ist der gebürtige Schimborner bei dem Unternehmen für das Material- und Fahrzeugwesen zuständig. „Man hat einfach eine interessante Aufgabe, die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten macht Spaß und hält jung!“ Neue Bereiche, auch in späteren Lebensabschnitten für sich zu entdecken, findet Debes wichtig: „Die Arbeit in der Firma ist interessant- man lernt immer etwas Neues.“ Damit die Kanalsanierungsarbeiten ohne Störungen laufen können, ist es notwendig, dass alle Stoffe und Hilfsmaterialien zur Verfügung stehen. Das können Einweganzüge, Sicherheitsschuhe, Bohr- oder Schleifmaschinen und Ersatzteile für die Ausstattung im riesigen Fuhrpark des Unternehmens sein. Wenn also Material gebraucht wird, gibt es meistens einen Ansprechpartner: Rudolf Debes.

Werner Gossmann, 74, aus Aschaffenburg (Foto: Kunzmann)

Der „Service-Papst“, wie er in Fachkreisen genannt wird - Werner Gossmann arbeitet schon seit mehr als 60 Jahren bei Autohaus Kunzmann. Auf die Frage hin, wie es möglich sei, so lange bei einem Unternehmen zu arbeiten, antwortete Gossmann trocken: „Die Firma muss es so lange geben.“ Lange genug, dass sein heutiger Vorgesetzter, Frank Kirchgässner, bei ihm die Ausbildung genießen durfte. Am 1. August 1961 begann er selbst seine Ausbildung als Kfz-Mechaniker im Autohaus. Was ihn dazu bewogen hat, war das Zusammenspiel aus Technik und dem Umgang mit Menschen. Die Menschen sind auch ein weiterer Grund für das lange Bestehen des Arbeitsverhältnisses. „Einerseits wollte Kunzmann, dass ich weiter arbeite, auf der anderen Seite würde mir die Zeit mit den Kunden, aber vor allem mit unseren Mitarbeitern fehlen.“ Seit fast zehn Jahren ist er in seiner heutigen Tätigkeit als Berater in Aschaffenburg tätig. „Ich kann mir heute natürlich die Zeit besser einplanen und ich bin nicht mehr so stark Entscheider, sondern eher Unterstützer für junge Kollegen.“ In all den Jahren haben sich für Gossmann nicht nur die Autos verändert: „Die Kunden sind deutlich anspruchsvoller geworden, wobei man sagen muss, dass im Jahr 1961 von Service eigentlich keine Rede sein konnte.“

Lothar Heeg, 86, aus Mömbris

„Langeweile ist Gift!“, erzählt Lothar Heeg in seinem Büro in Schimborn. Die Bewegung und die frische Luft, die er bei der Arbeit im Wald bekommt, sind für die Gesundheit des 86-Jährigen ideal. Früher stand er von früh bis abends in seiner Werkstatt, arbeitete einen Auftrag nach dem anderen ab. Sein bester Auftrag war der Kirchenbau in Schimborn. „Der Architekt wollte mich nicht beim Bau dabei haben, aber ich habe meine Arbeiten ohne einen einzigen Fehler durchgeführt“, sagt der Schreiner mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Heute nimmt er nur noch kleinere Aufträge an. „Wenn ich ein Tag richtig gearbeitet habe, mache ich am nächsten Tag Pause, dass, ich mich nicht übernehme.“ Dafür hat er in der Gartenarbeit eine weitere Leidenschaft gefunden, früher für Lothar unvorstellbar.

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Ursula Kuhn, 81, aus Schneeberg
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Ursulas Lebensmittel und Getränkeladen

121 Jahre. Seit so vielen Jahren gibt es das Geschäft in Schneeberg schon. Den Laden aufzugeben, war für Ursula Kuhn nie eine Option: „Die Kontakte und die Bewegung tun mir gut - besser als daheim auf der Couch zu liegen!“ Im Vergleich zu früher schreiben die Leute ihre Einkäufe nicht mehr so oft an und es sind weniger Kinder im Laden, da die Schule jetzt in Amorbach ist. Der Laden ist ein Familienunternehmen - heute betreibt Ursula das Geschäft mit Ehemann Horstmar und Sohn Jürgen. Die Kuhns setzen vor allem auf regionale Produkte: Backwaren aus Amorbach, Wurstwaren aus Zittenfelden, Eier aus Großheubach und Mehl von der Ottelmühl. Bei den Kuhns weiß man, was drin ist.