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Droht uns ohne Atomkraft der Blackout?

21.08.2022, 07:00 Uhr in News
Foto Jet

BAYER. UNTERMAIN (mz). Eigentlich war der deutsche Atomausstieg zum Ende des Jahres schon beschlossene Sache. Doch dann kam Putins Krieg in der Ukraine und manövrierte ganz Europa in eine Energie-Krise. Und so hat auch bei uns ein Umdenken stattgefunden. Lieber eine Laufzeitverlängerung der AKWs statt ein Blackout in Herbst und Winter? Mittlerweile deutet vieles auf einen „Streckbetrieb“ der deutschen Atomkraftwerke hin. Für die einen ist das ein guter Kompromiss, für die anderen ein absoluter Albtraum.

Spätestens seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 hatte die Anti-AKW Bewegung in Deutschland großen Zulauf. Die Folgen einer solchen Katastrophe hautnah mitzuerleben, hat bei vielen die Meinung zur Kernenergie drastisch geändert. „Atomkraft? Nein, danke!“ - plötzlich eine Mehrheitsmeinung. Nach langen politischen Diskussionen stand der Atomausstieg zum Ende dieses Jahres dann auch fest. Doch der Krieg in der Ukraine und die daraus folgende Energiekrise haben vermeintlich fest stehende Entscheidungen wieder ins Wanken gebracht. Droht uns ein Kollaps der Energieversorgung? Müssen wir mit einem Blackout in der kalten Jahreszeit rechnen? Um solche Horrorszenarien zu verhindern, scheint nun auch die Bundesregierung über ihren Schatten zu springen und steuert langsam aber sich doch auf eine Laufzeitverlängerung zu. Das Zauberwort: Streckbetrieb! Das würde auch nach dem Jahreswechsel eine Energieproduktion durch AKWs ermöglichen. Konkret geht es dabei um die drei verbliebenden Meiler Isar 2, Emsland und Neckarwestheim. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen, doch vieles deutet darauf hin, dass die AKWs, zumindest im Streckbetrieb, weiterlaufen könnten.

Gespaltete Meinung in der Politik

Und auch in unserer Region ist die Atom-Debatte in vollem Gange. Insbesondere bei der Partei, die sich wie keine andere gegen die Atomkraft engagiert - die Grünen. „Wir halten am Atomausstieg fest. Es ist eine teure Energie, es ist eine riskante Energie und sie hält uns weiter in fossiler Abhängigkeit zu Ländern, die das Uran für die Brennelemente liefern. Zudem ist der Uranabbau sehr Umwelt- und Gesundheitsgefährdend.“ So der Bundestagsabgeordnete Niklas Wagener. Anderer Meinung ist Karsten Klein, Bundestagsabgeordneter der FDP. „In der aktuellen Krisensituation geht es darum, pragmatische Lösungen zu finden. Wir müssen daher alles, was zur Stromproduktion beitragen kann, auch nutzen, um Gas- und Stromlücken zu vermeiden. Kernkraftwerke gehören dazu.“ Er findet, dass eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen drei Atomkraftwerke um wenige Monate oder auch bis ins Jahr 2024 hinein, einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten könnte. „Wenn wir zum Jahreswechsel die drei verbliebenen Atomkraftwerke vom Netz nehmen, droht uns über den Winter auch eine akute Gasknappheit. Es wäre verhängnisvoll, wenn Menschen in Deutschland frieren oder Arbeitsplätze verloren gehen, weil Gas mangels Alternativen für die Stromproduktion benötigt wird. Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt offen diskutieren und dann alles Nötige tun, um sicher über diese Heizperiode und darüber hinaus zu kommen.“ Auch Wagener verschließt sich dem Ganzen nicht: „Wir warten alle den Stresstest des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ab. Mir persönlich ist es wichtig, alles dafür zu tun, dass unser Land gut durch den Winter kommt.“ Bei der ganzen Debatte fehlen dem Politiker aber verschiedene Aspekte wie z. B. das doppelte Sicherheitsproblem. „Zum einen müsste bei einem Betrieb über 2022 hinaus die wegen des beschlossenen Atomausstiegs ausgesetzte Sicherheitsprüfung durchgeführt werden. Zum anderen haben wir das Entsorgungsproblem. Für die jetzt schon rund 1.900 Castoren Behälter mit hochradioaktiven Abfalls, die in 16 Orten in Deutschland verteilt sind, haben wir immer noch kein Endlager in Sicht.“ Der 24-Jährige sieht im Ausbau der erneuerbaren Energien, den „einzig zukunftsweisende Weg, für den Klimaschutz, aber auch für unsere Sicherheit.“

KW33 AKW 1

Dieter Galm aus Alzenau
„Ich bin ein Gegner einer Laufzeitverlängerung, weil damit einfach zu viele Risiken verbunden sind. Dazu gibt es das Entsorgungsproblem. Das ist wie ein Flugzeug, das startet, aber noch keine Landebahn gebaut ist.“

KW33 AKW 2

Gertrud Schwarz-Schöhl

Wir alle wissen, dass es kein Endlager gibt. Was wir jetzt dringend brauchen, sind erneuerbare Energien. Atomkraft ist auf Dauer keine Lösung.“

KW33 AKW 3

Marion Becker aus Elsenfeld

Ich war schon immer gegen Atomkraft. Es gibt immer Situationen, die nicht planbar sind. Man kann es nicht kontrollieren, das haben Fukushima und Tschernobyl gezeigt.“

KW33 AKW 4

Christine Ebersold aus Aschaffenburg

„Bevor alles zusammenbricht, muss man im Notfall was haben. Und wenn es sich so zuspitzt, bin ich schon dafür.“

KW33 AKW 5

Alper Özkan aus Aschaffenburg

„Wenn Sie wieder in Betrieb genommen werden, ist es ja auch gut für uns. Dann müssen wir uns keine Sorgen machen, dass wir irgendwann keinen Strom mehr haben und im Dunkeln leben müssen.“