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Heulen bald wieder die Spessart-Wölfe?

10.04.2022, 06:18 Uhr in News
Wolf Titel

BAYER. UNTERMAIN/SPESSART (mg). In der Eisen- und Römerzeit von vielen verehrt - ab dem Mittelalter gefürchtet. Die Menschheit sah ihn mehr und mehr als Feind. Bis er vor rund 150 Jahren als völlig ausgerottet galt. Im Jahr 2000 kam aber das erste Paar wieder über die deutsch-polnische Grenze. Und heute heult er wieder den Mond in unseren Wäldern an. Die Rede ist vom Wolf. In der Rhön hat sich ein Wolfspaar vor kurzem niedergelassen und Experten erwarten eine zunehmende Verbreitung in den nächsten Jahren - auch in unserer Region.

„Weite Teile Bayerns eignen sich als Lebensraum für Wölfe.“ Uwe Friedel ist Referent für Arten- und Biotopschutz beim BUND Naturschutz Bayern. In Deutschland gibt es rund 150 Wolfsrudel, über 20 Paare und fast genauso viele Einzeltiere, die sich vor allem auf den Nordosten Deutschlands konzentrieren. „Wir haben in Bayern seit einigen Jahren wieder Wölfe, die zum einen aus Ostdeutschland und Osteuropa und zum anderen aus Italien und Österreich kommen.“ Am Untermain gab es in den letzten Jahren zwar keine sesshaften, aber dafür immer wieder Sichtungen von Wölfen, die durch den Spessart zogen. Doch durch die beiden Wölfen, die in der Rhön ihr Zuhause gefunden haben, wird klar: Auch hier kann es nicht mehr lange dauern, bis der Wolf unsere Wälder wieder beheimatet. „Er braucht genug Wild und Rückzugsplätze, um sich wohl zu fühlen. Beides ist im Spessart genügend vorhanden, sodass zu erwarten ist, dass sich dort irgendwann ein oder mehrere Wolfsrudel ansiedeln werden.“

Wird der Spessart zur Gefahrenzone?
Heißt das, dass unsere Wälder in Zukunft nicht mehr sicher sind? Die Legende vom „Bösen Wolf“ gibt es schon seit Urzeiten. Wildbiologin Dr. Marion Ebel will mit dem schlechten Image des Wolfes aufräumen. Sie arbeitet im Wildpark Alte Fasanerie in Hanau und hat Jahre damit verbracht, Wölfe aufzuziehen und deren Vertrauen zu erlangen. „Der Wolf ist weder ein Teufel, noch ein Heiliger. Er ist ein super Beutegreifer, der einfach seine Ruhe haben will. Für ihn sind drei Dinge wichtig: sein Revier, die Nahrung und seine Familie.“ Man sollte einen Wolf nie füttern, denn dadurch wird das scheue Tier zutraulich und nähert sich in Zukunft vielleicht weiteren Menschen an. Wenn es dann doch mal auf ein Aufeinandertreffen zwischen Mensch und Wolf kommt, hat die Spessartbotschafterin einfache Tipps parat: „Sich groß machen und Laute von sich geben. Wenn das nichts nutzt, in die Hände klatschen.“

Probleme durch
die Rückkehr des Wolfs
Anders sieht es natürlich für Landwirte aus, deren Herdentiere für den Wolf ein gefundenes Fressen darstellen. Stefan Köhler, Kreisobmann des Bauernverbandes Aschaffenburg, wünscht sich dabei mehr Unterstützung: „In erster Linie reißt der Wolf ja Wildtiere, aber kritisch wird es, wenn er unsere Nutztiere angreift. Wenn es dann als Wolfsgebiet ausgewiesen wird, müssen die Tierhalter Herdenschutzmaßnahmen errichten. Das Ganze wird zwar gefördert, aber nur gedeckelt und lediglich der Aufbau wird unterstützt - nicht der Betrieb. Es ist einfach ein Riesenaufwand.“ Uwe Friedel sieht das ähnlich: „Da ist noch Luft nach oben. Bei den laufenden Kosten für zum Beispiel das Hundefutter und den Zaununterhalt sollten Weidetierhalter mehr unterstützt werden. Ein Nebeneinander von Wolf und Weidetierhaltung geht nur mit massiven Unterstützungen von der Regierung und der Gesellschaft.“ Ein weiterer Bereich, der durch die Ankunft der Wölfe beeinträchtigt wird, ist die Jagd. "Treten Wölfe im Revier auf, ändert sich das Verhalten von Hirsch, Reh und Wildschwein. Dies erschwert die Erfüllung der behördlichen Abschussvorgaben, die uns Jäger zu einer Mindestanzahl erlegter Wildtiere verpflichten.", so Johannes Maidhof, 1. Vorsitzender der Jägervereinigung Spessart-Aschaffenburg. Einen Wolf zu schießen liegt nicht in der Entscheidungsgewalt der Jäger. "Der Wolf ist artenschutzrechtlich streng geschützt, eine Entnahme wird auf Regierungsebene angeordnet. Hierfür müssen besondere Gründe vorliegen, etwa wenn Wölfe sich Menschen auffällig gegenüber verhalten oder zur Abwehr ernster wirtschaftlicher Schäden.“

Wolfshybrid - halb Wolf, halb Hund
Ein großes Streitthema stellen die sogenannten Wolfshybriden dar. Diese entstehen, wenn sich ein Hund mit einem Wolf paart. Dr. Ebel sieht die Kreuzung kritisch: „Das ist für das Tier eine Qual. Die Hybriden wissen gar nicht, wie sie sich verhalten sollen.“ Rechtlich gesehen, bewegen die Tiere sich in einer Grauzone. „Es gibt Hinweise in anderen Bundesländern, dass es sich nicht um reinrassige Wölfe handelt. Der Schutzstatus der Hybriden ist zu hinterfragen. Deshalb möchten wir, dass das in Zukunft überprüft wird, dass wir wissen, welche Tiere draußen herumlaufen“, spricht sich Köhler für eine Überprüfung der Reinrassigkeit bei Vorfällen mit Wolfsbeteiligung aus. Hier widerspricht Friedel dem Kollegen: „Die Wölfe in Deutschland sind alles ziemlich reinrassig. In den letzten 20 Jahren gab es lediglich zwei Fälle. Es gibt Regionen in Europa, wie die Abruzzen in Italien, wo recht viele Hybride vorkommen - bei uns ist das nicht der Fall. Es ist auch so, dass sie einem gewissen Schutz unterliegen, allerdings muss man da jeden Fall einzeln betrachten.“ In dem Falle werden sich die Experten also noch nicht einig, aber bei einem anderen Thema schon: Wölfe im Spessart sind keine Märchenvorstellung.

KW14 Wolf Friedl
Uwe Friedel (Foto: Bund Naturschutz Bayern)
KW14 Wolf Ebel
Marion Ebel (Foto: Ott)
KW14 Wolf Koehler
Stefan Köhler (Foto: Bayerischer Bauernverband)
KW14 Wolf Maidhof
Johannes Maidhof (Foto: Lena Rausch)