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Ex-Kollege Kai Pfaffenbach berichtete aus Peking

27.02.2022, 06:00 Uhr in News
Von Olympia jetzt ins Krisengebiet?

HANAU/PEKING (mg). Seit über 25 Jahren ist Kai Pfaffenbach als Fotojournalist unterwegs, gilt als einer der renommiertesten Fotografen der Welt. Er berichtete über weltweite Krisen - aus Afghanistan und dem Irak. Sein Foto von dem lachenden Usain Bolt bei den Olympischen Spielen 2016 ging um die Welt und am 13. Juli 2014 drückte er im Maracanã-Stadion in der 113. Minute auf den Auslöser, um den Moment festzuhalten, als Mario Götze Deutschland zur Weltmeisterschaft schoss. Der gebürtige Hanauer, der seine journalistische Ausbildung im Funkhaus Aschaffenburg absolvierte, war auch dieses Jahr mit seiner Kamera bei den Olympischen Winterspielen in Peking dabei.

Servus Kai, die Olympischen Spiele in Peking waren höchst umstritten. Du berichtest schon seit Jahren von Olympia. Was war der größte Unterschied zu den Jahren zuvor?

„Die Spiele waren grundsätzlich sehr unterschiedlich zu dem, was ich bisher erlebt habe. Das waren meine sechsten Winterspiele und so abgeschottet von allem anderen, habe ich noch nie fotografieren müssen. Die Corona-Maßnahmen wurden in China extrem umgesetzt – egal ob im Hotel an der Rezeption oder die Bedienung im Restaurant: Die Menschen haben immer diese weißen Vollschutzanzüge getragen. Also du hast gar keine Menschen oder Gesichter gesehen. Von daher war das der größte Unterschied: Die Interaktion mit den Menschen vor Ort fand eigentlich gar nicht statt.“

Hat die Situation vor Ort Deine Arbeit erleichtert oder erschwert?

„Es hat die Motiv-Vielfalt auf eine andere Art und Weise größer macht. Sei es bei der Ankunft, bei den Kontrollen, die Medizinteams – das war schon ganz spannend, das zu dokumentieren. Grundsätzlich war das Arbeiten ziemlich entspannt. Dadurch, dass wenig Zuschauer vor Ort waren, hatte man jetzt kein Problem, sich durch Massen bewegen zu müssen, was mit dem Fotoequipment unter den Umständen – es war extrem kalt – natürlich ein bisschen leichter ist. Ansonsten konnte man sich tatsächlich auf die Sportfotografie konzentrieren, was ja mein Hauptjob da war.“

Was war Dein Highlight bei den diesjährigen Spielen?

„Fotografisch hab ich mich natürlich gefreut, weil ich eine Affinität zum Skispringen hab, dass Karl Geiger noch eine Medaille geholt hat, nachdem die Woche ziemlich krumm losging, was die deutschen Skispringer anging. Ich fand es spannend, auch mal was anderes zu fotografieren, wie zum Beispiel Snowboardcross. Vier Männer oder Frauen, die gegeneinander ein Rennen auf einem abenteuerlichen Kurs fahren – sieht nicht nur im Fernsehen spektakulär aus. Aus emotionaler Sicht mit Sicherheit die Gelegenheit, den letzten Halfpipe-Auftritt der Snowboardlegende Shaun White fotografieren zu können. Es gab extrem viele Situationen, bei denen ich als Fotograf mitgefiebert habe.“

Wie hat sich Deine Arbeit durch die Corona-Pandemie verändert?

„Ich kann mich noch erinnern, mein letztes großes internationales Sportevent, bevor das alles losging, waren die Australien-Open in Melbourne. Dann kam ich zurück und wir hatten so eine kleine Ausstellung im Funkhaus und einen netten Abend – dann kamen die Anschläge in Hanau und dann Corona. Und seitdem ist meine fotografische Arbeitswelt eine andere. Seither dokumentiere ich viel mehr hier in der Umgebung, es war sehr schwer, die Corona-Zeit in Deutschland in Bilder zu fassen, weil es sehr schwer war, Zugang zu Krankenhäusern oder medizinischen Einrichtungen zu bekommen. Ich hoffe, dass das natürlich wieder anders wird – dass nicht mehr alles so kompliziert und restriktiv ist.

Was sind Deine Pläne für dieses Jahr?

„Ich werde Ende März zur WM-Auslosung nach Doha fliegen, ich bin im Sommer in Oregon für die Leichtathletik-WM, Ende des Jahres dann die Fußball-WM – da steht also einiges auf dem Plan und jetzt ganz unmittelbar sind wir gerade am planen – es kann gut sein, dass ich die nächsten Tage in die Ukraine aufbreche, um da die Kollegen zu unterstützen, da müssen wir aber noch schauen, wie wir das logistisch am besten bewegt bekommen.“

Du warst unter anderem in Afghanistan, im Irak und in Syrien - was ist Deine Einschätzung bezüglich der Situation in der Ukraine?

„Ich hatte die Gelegenheit, Kontakt mit den Kollegen vor Ort aufzunehmen. Es ist wohl alles sehr unübersichtlich, Detailinformationen gibt’s wenige. Die berichten auch von Explosionen und Bränden. Die sind in der Kharkiv-Ecke unterwegs, Mariupol, aber auch in Kiew. Ein Kollege hat da eine Rakete, die auf den Straßen gelandet ist, offenbar nicht detoniert, fotografiert. Es ist alles sehr unübersichtlich und sehr schwer, sich ein Bild zu machen. Ich habe noch nie verstanden, egal in welchem Kriegs- oder Krisengebiet ich war, wieso Menschen meinen, sie müssen mit Waffen aufeinander losgehen und der Konflikt dort erschließt sich mir überhaupt nicht und erscheint mir noch viel überflüssiger als all das, was wir die letzten 15 Jahre an kriegerischen Auseinandersetzungen auf der Welt gesehen haben.“


Zur Person Kai Pfaffenbach:

Geboren am: 07.12.1970 in Hanau

Seine wichtigsten Auszeichnungen: 2020 Pulitzer-Preis in der Kategorie „Breaking News Photography“, 2017 World Press Photo in der Kategorie Sport, 2014 Sven-Simon-Preis, 2013 Fair Play Preis des Deutschen Sports,

Arbeitgeber: Reuters (internationale Nachrichtenagentur mit Hauptsitz in London)