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Reporter greift zur Mistgabel

22.05.2022, 06:00 Uhr in News

ALZENAU-HÖRSTEIN (mg/fs). Ställe saubermachen, Tiere füttern und das Land beackern. Das sind nur wenige der Aufgaben eines waschechten Landwirts. Viel zu selten wird den Bauern die Aufmerksamkeit geschenkt, die sie verdienen als Grundstein unserer Ernährung und unseres Lebens. Deswegen war gestern der Aktionstag: „Landwirt:in für einen Tag.“ Unser Reporter Matthias Goldhammer hat das zum Anlass genommen, selbst einmal in die Gummistiefel zu schlüpfen und einen Tag dem Landwirt Klaus Roßmann auf dem Tannenhof in Alzenau-Hörstein unter die Arme gegriffen. In PrimaSonntag berichtet er über seine Arbeit an der Mistgabel:

Für meine Verhältnisse ungewöhnlich früh, fand ich mich in Hörstein, mitten im Nirgendwo wieder. Weit und breit nur Felder - und der Tannenhof. Landwirt Klaus und seine Nichte Elena, die Betreiber des Tannenhofs, sind an diesem frühen Morgen schon wach. „Als erstes geht’s in den Pferdestall!“, nimmt mich Klaus direkt in die Pflicht. In den letzten Jahren legte der Landwirt seinen Fokus mehr auf die Pferdehaltung und weniger auf die Schweinemast, da die Umstände schwieriger geworden sind. „Die Leute fahren ihren Fleischkonsum nicht runter. Wir müssen also den gleichen Bedarf füllen, dürfen aber nur noch weniger Schweine auf dem gleichen Platz halten. Das ist schlicht unmöglich.“ Im Stall lerne ich dann erstmal meine Kameraden für die kommenden Stunden kennen: Manni, Fred, Jack und Chester. Alle vier leben in großen Boxen mit einem angrenzenden freien Auslauf, ein Paddock, wie mir erklärt wird. Meine Erfahrung mit Pferden hielt sich vor meinem Tag auf dem Tannenhof in Grenzen - ehrlich gesagt, hatte ich vorher, glaub ich, nie ein Pferd auch nur mal berührt. Mit der Zeit bekomme ich aber das Gefühl, diese Tiere besser zu verstehen - wodurch auch mein heutiger Spitzname „Winnetou“ entsteht. Nach der Vorstellungsrunde heißt es: An die Mistgabel, fertig, los! Den Anfang machen wir bei Manni. Klaus erklärt mir, wie das Misten funktioniert. Erst die „Pferde-Äppel“ rausnehmen, das frische Stroh an die Seite schieben, das nasse Stroh aussortieren und das gute Stroh wieder zurück in die Mitte. Am Ende kommt dann noch frisches oben drauf. Misten ist wirklich wie Frühsport. Aber es macht sogar ein bisschen Spaß. Klaus unterstellt mir derweil, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Mistgabel in der Hand halten würde - womit er nicht ganz Unrecht hat. Später gibt er aber sogar zu, dass mit meiner Hilfe das Misten heute schneller ging. Auch der Gestank des Pferdemists hält sich überraschenderweise in Grenzen. Ganz anders bei unserer nächsten Station: Mein Endgegner - der Schweinestall. Bereits bei geschlossener Tür steigt mir der beißende Gestank in die Nase. Klaus öffnet die Höllenpforte und wir treten ein. Im Stall ist der Geruch aufgrund einer Lüftungsanlage nicht mehr ganz so schlimm. Zur Schweinehaltung gehört hauptsächlich, die Tiere zu füttern und nach dem Rechten zu sehen. Sind sie einmal groß genug, fährt Klaus sie zu einem örtlichen Metzger und Schlachtbetrieb. Fast ausschließlich wird sein Fleisch regional verkauft. Zum Abschluss darf ich noch eine Runde mit dem Traktor fahren. Ich habe definitiv mehr Wertschätzung für den Beruf des Landwirts bekommen. Die Arbeit ist körperlich wirklich anstrengend. Die Rahmenbedingungen und vielen Auflagen sind schwierig umzusetzen, wenn man dann noch den eigentlichen Job gut machen will. Viele Landwirte stoßen dabei an ihre Grenzen. Doch sie sind essentiell wichtig, denn sie sichern unsere Ernährungsgrundlage. Am Ende schleiche ich mich nochmal an die Koppel. Abschied nehmen heißt es. Aber vielleicht nicht für lange - denn Klaus lädt mich nochmal ein - zu meiner ersten Reitstunde.

KW20 Einen Tag Landwirt Traktor2
KW20 Einen Tag Landwirt Maddesmit Pferd