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Aschaffenburgerin über ihren Unfall vor 31 Jahren: Sie sucht ihre Lebensretter!-

30.10.2022, 06:30 Uhr in News
SusanneMüller

ASCHAFFENBURG (mg). Eben noch gefeiert, dann Intensivstation: Ein dramatischer Unfall veränderte vor 31 Jahren Simone Müllers Leben für immer. Im Podcast www.vonmachzumensch.de von Susanne von Mach erzählte sie erstmals, wie sie es aus den dunkelsten Stunden ihres Lebens geschafft und gelernt hat, ihr neues Leben zu akzeptieren. Mit Prima Sonntag sucht sie jetzt die vier jungen Männer, die den Notruf alarmierten – und ihr so vermutlich das Leben retteten. Bis heute ist es Simone Müller nicht gelungen, die vier Großwelzheimer ausfindig zu machen. Das soll sich jetzt ändern!

Der 11. Mai 1991 stellte das Leben von Simone Müller auf den Kopf. Die damals 19-Jährige war mit einer Freundin in der Goldbacher Diskothek „Aladdins“ und lernte dort vier junge Männer kennen. Gemeinsam machte man sich auf den Weg in eine weitere Disco, doch auf der Strecke von Alzenau in Richtung Kahl am Main baute Simone Müller einen Unfall, der das Leben der beiden jungen Frauen für immer verändern sollte: „Die Jungs überholten uns, aber ich wollte nicht überholt werden.“ Die Aschaffenburgerin setzte auf der schnurgeraden Strecke zum Überholmanöver an - leider ohne die Strecke zu kennen. An einer Bodenschwelle des Bahnüberganges hob das Auto ab, Simone Müller raste bei der kurz darauffolgenden scharfen Linkskurve geradeaus, blieb mit dem rechten Vorderreifen am Gehsteig hängen – und krachte in eine Hausecke. Die beiden jungen Frauen: schwerstverletzt. Das Auto: Totalschaden. Erinnerungen an den Aufprall hat Simone Müller nicht mehr. Ihrer Freundin schlug sie den linken Arm durch, das Kupplungspedal durchbohrte ihr linkes Sprunggelenk, die Gangschaltung steckte in ihrem Oberschenkel. 33 Knochenbrüche, Schädel-Hirn-Trauma.

KW43 Unfall 1
Die Überbleibsel des Unfallautos

Die vier Disco-Bekanntschaften waren Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Großwelzheim. Sie reagierten umgehend und setzten den Notruf ab, von da aus ging es ins Aschaffenburger Klinikum und dann mit dem Helikopter in die Uniklinik Würzburg. Nach Tagen erwachte Simone Müller ohne Erinnerungen aus dem Koma. Jahre später, als ein normales Leben für die heute 50-Jährige wieder möglich war, versuchte sie die vier jungen Männer zu finden, um danke zu sagen: vergeblich. An die Zeit nach dem Unfall denkt sie mit Schaudern zurück. „Das war schon eine schlimme Zeit. Alle meine Freunde konnten machen, was sie wollen, für mich fühlte es sich an, als wäre mein Leben vorbei.“ Sieben Jahre lang lag die junge Frau, mit Unterbrechungen, im Krankenhaus oder war auf Kur, 33 Brüche und ein Schädel-Hirn-Trauma wurden diagnostiziert. Einfache Dinge wurden für sie in dieser Zeit zur Besonderheit: „Noch heute hat der Toilettenstuhl für mich eine große Bedeutung. Es war das erste Mal, als ich im Krankenhaus Privatsphäre hatte.“

Es dauerte lange, bis sie ihr Schicksal akzeptieren konnte. „Da kann dir auch keiner helfen, da musst du selbst rauskommen. Die Steine die dir in den Weg gelegt werden, musst du nutzen, um dir einen neuen Weg zu bauen.“ Auf ihrem Weg aus der Krise lernte sie viele Menschen kennen, die Ähnliches oder Schlimmeres erlebt hatten. „Die hatten teilweise gar keine Beine mehr und es ging ihnen viel schlechter - da habe ich mir gedacht: ‚was beschwerst du dich eigentlich? ‘“ Der Unfalltod eines Bekannten rüttelte sie wach: „Ich dachte, ich muss für ihn weiterleben. Der liebe Gott hat ihn genommen und entschieden, mich weiterleben zu lassen.“

KW43 Unfall 2
Die junge Simone Müller - heute ist sie um einiges ruhiger

Offene Rechnungen

Ihren einst gelernten Beruf als Fleischereifachverkäuferin konnte sie nicht mehr ausüben. Sie schulte um auf Reiseverkehrskauffrau und arbeitet heute im Sanitätshaus Krüger in Aschaffenburg. „Hier habe ich meine Aufgabe gefunden. Ich kann Menschen helfen. Mit Schmerzen kenne ich mich aus, ich weiß selbst, wie es ist, auf Hilfe und medizinische Hilfsmittel angewiesen zu sein.“ Der Unfall hat Simone Müller verändert. „Ich bin ruhiger geworden und habe gelernt zu akzeptieren. Wenn jemand von sich aus etwas nicht möchte, akzeptiere ich das.“ Heute ist die 50-Jährige mit sich im Reinen, auch ihre Beifahrerin wirft ihr nichts vor. Beide haben regelmäßig Kontakt. Mit ihrem Schicksal hadert sie nicht mehr. „Mein Leben wäre wahrscheinlich nie so toll geworden, wie es heute ist. Ich habe ja auch meinen Mann auf der Kur kennengelernt.“

An den Unfall denkt sie jeden Tag – und oft auch an ihre vier Retter. Zu gern würde sie danke sagen, dass sie in der schrecklichen Situation so umsichtig reagierten. Die heute 50-Jährige ist sich ungewiss, ob die Männer überhaupt wissen, dass ihre Freundin und sie überlebt haben. „Ich würde schon gerne wissen, wer mir das Leben gerettet hat, wie sie es verarbeitet haben - vielleicht kommen dann ja auch bei mir einige Erinnerungen zurück.“ Falls sich die Männer finden, würde sich Simone Müller über ein Treffen freuen: „Ich weiß nicht wie sie reagieren, aber ich würde mich auf jeden Fall gerne bedanken.“