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Schützenverein unter Beschuss?

12.06.2022, 06:00 Uhr in News
KW23 Schweinheim Schiessstand 2

ASCHAFFENBURG-SCHWEINHEIM. Der Schützenverein St. Sebastianus ist einer der ältesten Ortsvereine in Schweinheim und der größte Schützenverein im Gau Main Spessart. In über 50 Jahren gab es nie Probleme - bis vor einigen Monaten. Immer wieder kam es zu Diskussionen über die Schussgeräusche am Wochenende. Die Bürger Schweinheims vernahmen eine massive Steigerung der Schusszahl. Doch dafür war meist gar nicht der Verein verantwortlich, denn viele Institutionen in der Umgebung sind auf den Schießstand angewiesen.

Die PrimaSonntag-Redaktion hörte das erste Mal vor einigen Wochen von dem Streit um den Schützenverein. Ein Leser rief an und fragte, wie es denn sein kann, dass es in Schweinheim so knallt, wenn nur wenige Kilometer vom Schützenverein in der Erbighalle Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht sind. Es stellte sich heraus, dass es sich um Pflichtübungen einer Behörde handelte. Doch zu der Zeit herrschte sowieso schon große Aufregung in Schweinheim. Die Kommunale Initiative Aschaffenburg reichte eine Unterschriftensammlung ein, um gegen den seit Anfang 2020 herrschenden Probebetrieb mit erweiterten Schusszeiten vorzugehen. Mit einhergehend waren sehr laute Schussgeräusche durch das behördliche und das Tontaubenschießen, was viele Schweinheimer immens störte. „Zum ersten Mal ist es mir aufgefallen, zu der Zeit, als man im Urlaub Zuhause geblieben ist, so vor einem Jahr. Man konnte keinen Tag auf dem Balkon ohne Schusslärm verbringen“, erinnert sich Joachim Wolf von der Bürgerinitiative „Ruhebitte“, die sich dieses Jahr im Mai zusammentat. Bereits im Dezember wurde allerdings eine Beschlussvorlage angepasst, um dem Bedürfnis der Bürger auf Ruhe und Erholung gerecht zu werden - mit problematischen Folgen für den Schützenverein.

Treffpunkt der Behörden

Im Dezember beschloss der Stadtrat, dass die Schießanlage nur noch 40 Tage im Jahr für Behörden zur Verfügung stehen. „Dieser Beschluss hatte die Folge, dass wir im Mai die 40 Tage fast voll hatten, aber die Behörden bei uns Schlange standen und gesagt haben `Wir müssen aber weiter schießen‘“, erklärt der 1. Schützenmeister Werner Schreck. In Schweinheim schießen mehrere Behörden, die systemrelevant sind: Die bayerische und die hessische Polizei werden hier ausgebildet, der IWS als Geldtransportunternehmen muss regelmäßig schießen, da sonst die Wirtschaft am Untermain nicht mit Geld versorgt werden kann und die JVA Aschaffenburg ist auch auf die Trainingsmöglichkeit bei St. Sebastianus angewiesen. Die BI „Ruhebitte“ stellt in Frage, warum denn alle in Schweinheim schießen müssten. Werner Schreck hat die Antwort parat: „Unsere Schießanlage ist polizeilich abgenommen und damit perfekt für die Übungen der Beamten. In unserer Region gibt es kaum Plätze, die das erfüllen und einen 100-Meter-Stand haben, auf dem die Polizisten mit Langwaffen schießen können.“ Auf Nachfrage bringt die BI die Königlich privilegierte Schützengesellschaft in der Nähe der Fasanerie ins Spiel. Diese hat auch einen 100-Meter-Stand. Laut Schreck ist das aber keine Option: „Die Anlage dort hat nicht die technische Ausstattung. Außerdem ist das im näheren Umfeld des Klinikums.“ Auch die Zusammenarbeit mit der hessischen Polizei wurde aus manchen Feldern kritisiert. Laut Schreck ist die aber besonders wichtig, da das hessische SEK schon öfters in Aschaffenburg zum Einsatz war. Unser SEK sitzt nämlich in Nürnberg und braucht um einiges länger.

Finale Entscheidung steht noch bevor

Am 16. Mai gab es einen neuen Beschluss, mit dem Hinweis, dass es, bevor eine endgültige Entscheidung am Ende des Jahres gefällt wird, eine Bürgerversammlung geben wird. Bis dahin besteht eine Kompromiss-Lösung, mit der alle Beteiligten einigermaßen leben können und sowohl dem Ruhebedürfnis der Bürger, als auch dem Sicherheitsbedürfnis Rechnung getragen wird: Die bayerische Polizei schießt zukünftig mit Schalldämpfern und kann so ihr Pflichtschießen fortsetzen, ohne dass es wahrgenommen wird, die Kollegen aus Hessen werden zwar weiterhin unter Realbedingungen schießen, aber Ende nächsten Jahres ihre Ausbildung in Aschaffenburg beenden. Außerdem kommt der Verein der Bevölkerung entgegen, indem man zusammen mit der Stadt den Schallschutz deutlich verbessern wird – obwohl schon vorher alle Vorgaben eingehalten wurden. Laut BI ist das auch nötig, da der Schweinheimer Wald als Naherholungsgebiet gilt und im Lärmaktionsplan der Stadt Aschaffenburg steht, dass ruhige Gebiete vor der Zunahme von Lärm zu schützen sind. Schützenmeister Schreck zufolge überschritt man aber bei den Messungen zu keiner Zeit die Emissionswerte. Außerdem wünscht er sich eine neue Beschilderung rund um den Schießplatz, bei der darauf hingewiesen wird, dass dort Behörden ausgebildet werden und es zu Schüssen kommen kann. Das letzte Wort ist hier trotz der Annäherung sicherlich noch nicht gefallen.

KW23 Schweinheim Schiessstand Schreck 1
Der 1. Schützenmeister Werner Schreck visiert sein Ziel an.