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„Sie wollen nicht mehr aussehen wie sie selbst“

11.09.2022, 06:30 Uhr in News
Sema

BAYER.UNTERMAIN (hw). Glatte Haut, strahlende Augen, weiße Zähne, eine schmale Nase, volle Lippen und keine Pickel. Junge Menschen, auch bei uns am Bayerischen Untermain, sind jeden Tag den vermeintlich perfekten Fotos und Videos ihrer Stars und Sternchen in den Sozialen Medien ausgesetzt. Diese Bilder sind aber zum Großteil bearbeitet und entsprechen nicht der Realität. Das beherbergt auch eine Gefahr für beeinflussbare, junge Leute. Im Jahr 2021 haben sich 93.853 Menschen einer Schönheitsoperation in Deutschland unterzogen. Über die Hälfte davon minimal invasiv - darunter fallen Botox, aufgespritzte Lippen und Gesichtskorrekturen.Die Zahl der Jugendlichen unter 18, die Schönheitsoperationen wollen, steigt deshalb stetig an. Und da solche Behandlungen teuer sind, besuchen viele Mädchen, auch bei uns, unausgebildete „Schönmacher“ in Hinterzimmern.

Immer mehr junge Menschen und vor allem Mädchen wollen aussehen wie ihre Stars aus dem Internet. Die Folgen: Botox- und Hyaluronbehandlungen teilweise schon mit 13 Jahren! Viel zu jung, findet auch Dr. Sema Seker. Sie ist Ärztin für ästhetische Medizin in Aschaffenburg und behandelt Patienten, die gerne eine Veränderung in ihrem Gesicht haben wollen. „Teilweise kommen Mädchen im Alter von 13 oder 14 Jahren zu mir, die ihre Lippen in irgendwelchen Hinterzimmern haben auffüllen lassen und ich muss diese dann korrigieren.“ Dr. Seker sieht das Problem der jungen Mädchen aber nicht nur bei den sozialen Medien. Nicht selten erlebt sie es, dass Eltern entweder nichts tun gegen den Schönheitswahn ihrer Kinder, sie nicht ordentlich aufklären oder sogar dabei unterstützen. „Ich hatte einen Vater bei mir im Behandlungszimmer sitzen, der seiner Tochter zu ihrem 16. Geburtstag Lippenfüller schenken wollte. Diese Behandlung habe ich dann abgelehnt.“ Bei dem Vater stieß sie damit auf komplettes Unverständnis. Sie beobachtet schon länger die Entwicklungen innerhalb der Schönheitsbranche. „Eine minimal invasive Behandlung ist eigentlich dazu da, das Gesicht anzugleichen oder kleine Makel zu retuschieren. Die Mädchen, die zu mir kommen, wollen aber nicht mehr sie selbst sein, sie wollen aussehen, wie ganz andere Personen.“ Das Problem dabei ist, dass die Vorbilder selbst alle operiert oder retuschiert sind.


Richtige Ärzte als
Schadensbekämpfer
Bei diesen Horrorgeschichten wird aber gerne vergessen, wie lebensverändernd Schönheitsoperationen sein können, vor allem, wenn sie die Psyche und das Selbstwertgefühl von Grund auf ändern können. Vor zehn Jahren schenkte PrimaSonntag der Leserin Sabrina Müller aus Mömbris-Daxberg eine Brust-OP. Endlich fühle sie sich wie eine richtige Frau, sagte Sabrina nach ihrer OP. Endlich konnte sie Ausschnitt und figurbetonte Kleider tragen. Sabrina ist damals von einem nicht mal A-Körbchen auf C-Körbchen umgestiegen und bereut es nicht. „Das war eine Entscheidung für mich und für niemand anderen.“ Trotz dem großen Wunsch nach Veränderung, war sie sich auch dem Risiko bewusst, das bei Schönheitsoperationen besteht. „Ich rate keinem zu einer OP. Das muss jede Person individuell entscheiden und 100% für sich selbst wissen. Für mich ist jeder Mensch einzigartig. Das ist auch gut so.“ Den Wunsch nach mehr Schönheits-OPs hat sie nicht. Für die Zweifach-Mama zählte nur das Gefühl, sich endlich weiblich zu fühlen.

KW36 Schoenheit 1
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„Ein Face-Lifting im Leben reicht“
Auch Edit Stein aus Mainaschaff hat sich einer Schönheitsoperation unterzogen. Die 68-Jährige hat vor sechs Jahren ein Face-Lifting bekommen und ist sehr zufrieden damit. „Es geht um Natürlichkeit. Ich sehe einfach immer noch meinem Alter entsprechen aus, aber so, als hätte ich einen langen entspannten Urlaub hinter mir.“ Aber ohne Konsequenzen war ihre OP auch nicht „Ich konnte eine Stelle meines Gesichts einige Monate nicht spüren. Das ist zwar wieder vergangen, war aber merkwürdig.“ Operationen findet sie für Mädchen unter 18 übertrieben. „Man ist noch gar nicht reif genug, um zu wissen, was man an sich nicht mag.“ Edit Stein will nichts weiter an sich machen lassen. „Ein Face-Lifting im Leben reicht, um glücklich zu sein.“

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Das sagen unsere Leser:

Rosemarie Herr und Karen Schmidt aus Aschaffenburg:

KW36 Schoenheit 1 Rosemarie Herr und Karen Schmidt aus Aschaffenburg

„Natur pur ist immer besser. Das was aus Amerika hier zu uns kommt, ist nicht gut. Die Leute sollten zu sich stehen, statt sich auf Teufel komm raus ihr eigenes Ich verändern zu wollen.“

Anke Bayer aus Hanau:

KW36 Schoenheit 2 Anke Bayer aus Hanau

„Schönheits-OPs werden normalisiert wie ein Einkauf im Supermarkt. Dass so etwas ein langer schmerzhafter Prozess sein kann, wird außen vor gelassen. Das finde ich sehr gefährlich.“

Inge Dröge aus Miltenberg:

KW36 Schoenheit 3 Inge Droege aus Miltenberg

„Ich finde viele Schönheitsoperationen zu extrem. Man verliert doch seine ganze Persönlichkeit, wenn man aussehen will wie jemand anderes. Jeder Mensch ist einzigartig, das sollten wir leben und lieben“

Erwin Hartmann aus Mömlingen:

KW36 Schoenheit 4 Erwin Hartmann aus Moemlingen

„Was die jungen Mädchen da treiben, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das hat ja nichts mit Schönheitskorrektur zu tun. Ich finde das nicht gut, wo sich das hin entwickelt.“