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Sind Herrchen und Frauchen das Problem?

30.01.2022, 06:00 Uhr in News
Schmuckbild Kampfhund

ASCHAFFENBURG (mz). Er ist Deutschlands liebstes Haustier – der Hund. Für viele gehört der Vierbeiner schon ganz selbstverständlich zur Familie. Doch immer wieder sehen wir schockierende Berichte von Beißattacken. Landesweit zählte das bayerische Innenministerium über 1.300 solcher Fälle im Jahr 2020. Davon gehen aber nur knapp 100 auf das Konto der Kampf- bzw. Listenhunde. Wie groß ist also die Gefahr, die von dem „besten Freund des Menschen“ ausgeht und welche Verantwortung tragen die Hundehalter?

Gerade erst sorgte ein neuer Fall in unserer Region für Aufsehen: Laut Polizeibericht biss ein mittelgroßer Hund im Obernburger Ortsteil Eisenbach einer 35-jährigen Frau aus dem Nichts mehrfach in die Kniekehle. Die Halterin beobachtete zwar den Angriff, verließ aber, ohne der Frau zu helfen, den Ort des Geschehens. Auch Claudia Häcker aus Aschaffenburg musste schmerzhaft mit ansehen, was eine Hundeattacke verursachen kann. Ihr kleiner Hund Eddie wurde in Mainaschaff beim Gassigehen von einem Schäferhund-Mischling gebissen. Nachdem zunächst noch keine schwereren Verletzungen festgestellt werden konnten, musste der Hund zwei Tage später aber zur Beobachtung in eine Tierklinik. „Am nächsten Tag kam dann die traurige Nachricht, dass unser Eddie eingeschläfert werden muss“, berichtet Claudia Häcker. Konsequenzen für die Besitzer der aggressiven Hunde? Fehlanzeige! „Der Verlust eines Hundes ist wie der Verlust eines Familienmitglieds. Das ist fürchterlich und das wünscht man wirklich niemandem.“ Deshalb appelliert die Aschaffenburgerin auch an alle Hundehalter: „Sollten Ihre Hunde Probleme mit anderen Hunden haben, leint sie bitte an und besucht auf keinen Fall einen Hundeplatz, auf dem jeder angreifbar ist.“

Hund Eddie
KW04 Hunde2 ALTERNATIV
Hund Eddie

Aggressivität liegt
nicht in den Genen

Solche Fälle ruft die Tierschutzorganisation PETA auf den Plan. Ihre Forderung: Ein Hundeführerschein kann derartige Unfälle verhindern. „Hundehalter sollten in Form eines Sachkundenachweises geschult werden. Sie sollen lernen, Signale ihres Hundes richtig zu deuten. Ist die Kommunikation zwischen Hund und Halter intakt, können Beißvorfälle auch verhindert werden“, sagt Peter Höffken von PETA. Doch bislang herrscht in der bayerischen Landesregierung wenig Begeisterung für diesen Vorschlag. In Niedersachsen ist der Hundeführerschein seit Juli 2013 verpflichtend, was zur Folge hatte, dass die Zahl der Vorfälle nachweislich gesunken ist. Auch Petra Führmann ist große Befürworterin des Führerscheins. Vor 30 Jahren gründete sie das Hundezentrum Aschaffenburg in Mainaschaff. Sie untersucht das Verhalten von Hunden im Hinblick auf Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren. Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß sie, dass die Aggressivität einiger Hunde nicht in den Genen liegt. „Wichtig ist das Zusammenspiel zwischen Mensch und Hund. Die Erziehung des Halters gegenüber dem Hund hat enormen Einfluss auf die Entwicklung. Wenn man sich in Form eines Hundeführerscheins schon Fachwissen angeeignet hat, ist das enorm hilfreich“, erklärt Führmann. Sollte es doch zu einer Attacke kommen, rät Führmann: „Ganz wichtig ist in so einer Situation Deeskalation. Also weggucken, mich wegdrehen oder vorsichtig rückwärts gehen.“

Info: Wann gilt ein Hund als gefährlich?

Welche Hunde als aggressiv gelten, ist in Bayern in einer eigenen Verordnung festgelegt. Zu Rassen, denen die Kampfhundeigenschaften Aggressivität und Gefährlichkeit unterstellt werden, zählen demnach Pit Bull oder Bandog. Bei Rottweilern und Bullterrier geht man davon aus, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie Menschen oder Tiere beißen oder bedrohlich anspringen. Wer einen gefährlichen oder großen Hund hält oder halten will, braucht eine Genehmigung der zuständigen Behörde. So heißt es offiziell: „Die Erlaubnis erhält der Antragsteller, der ein berechtigtes Interesse nachweist, gegen seine Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen und Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz nicht entgegenstehen.“ Außerdem kann das Halten dieser Hunde noch erlaubt werden, wenn diese zum Schutz von gefährdetem Besitztum dient.

Petra Führmann
KW04 Hunde 3
Peter Höffken