Regelflut hat „unerträgliches Maß“ erreicht
Regelflut hat „unerträgliches Maß“ erreicht
BAYER. UNTERMAIN (mz/mg). Seit einem knappen Monat ist die Omikron-Variante des Corona-Virus in Deutschland dominant. Die Folge: täglich neue Höchstwerte von Neuinfektionen, vierstellige Inzidenzen. Die Omikron-Welle hat auch unsere Region voll im erfasst. Doch während die Situation in den Krankenhäusern noch stabil ist, verschlechtert sich die Situation in den Kitas immer mehr, vor allem wegen der hohen Anzahl der infizierten Erziehern und Kindern. Hinzu kommt ein Wust an vorgegebenen Regeln und Bürokratieaufgaben. Die Kitas schlagen deshalb Alarm.
Zwar kam es in den Kreisen Aschaffenburg und Miltenberg noch nicht wie im benachbarten Hessen zu Schließungen von kompletten Einrichtungen, aber die Flut an Corona-Fällen sorgt dafür, dass Kitas und Kindergärten vermehrt Gruppen schließen oder Öffnungszeiten anpassen müssen. Alleine in diesem Jahr waren es im Kreis Aschaffenburg etwa 15 Gruppenschließungen aufgrund von Personalausfall oder von Infektionsfällen bei Kindern. Sowohl der katholische als auch der evangelischer Kita-Verband in Bayern kritisieren die aktuelle Regelflut. „Die Belastung in den Kitas hat seit langem ein unerträgliches Maß überschritten.“
„Manche Eltern fürchten um ihren Arbeitsplatz”
Kommt der Kollaps?
Wenn nun der Kollaps noch vermieden werden soll, braucht es einfache und transparente Regeln“, sagt Dirk Rumpff vom katholischen KITA-Verband Bayern. Der bürokratische Aufwand ist enorm. Die Mitarbeiter einer Kita mit 90 Kindern sind demnach 60 Wochenstunden mit Dokumentation und Bürokratie rund um Corona beschäftigt. „Das ist einfach eine extreme Informationslast“, beklagt Rumpff. „Nicht vergessen sollte man zudem die Personalausfälle, die die Omikronwelle mit sich bringt.“ Auch nach Einschätzung des Landratsamtes Aschaffenburg stellen vor allem die aktuell zusätzlich zu bewältigenden Aufgaben, wie die Testnachweiskontrolle bei Kindern, die Ausstellung von Berechtigungsscheinen oder die Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt, zeitintensive Herausforderungen dar. Claudia Pfeifer, Leiterin der Kindertagesstätte „Abenteuerland“ Eschau, stimmt dem zu: „Wir würden uns schnellere Informationen über Vorgehensweisen wünschen. Noch immer muss man sich Ausführungsverordnungen mehrfach durchlesen, um zu verstehen, was zu tun ist.“ Vor allem die Ausstellung der Berechtigungsscheine, mit denen die Eltern kostenlos Tests in Apotheken bekommen, stellen eine größere Hürde dar: „Die Scheine dürfen erst nach einer gewissen Anzahl von Wochen ausgegeben werden und erfordern viel Zeit und Kontrolle.“
Wunsch nach Normalität
In ihrer Kita in Eschau kam es bisher nur zu kurzen Gruppenschließungen, jedoch gab es viele Kinder, die als Kontaktperson plötzlich nicht mehr kommen durften. „Manche Eltern, besonders Mütter, fürchten um ihren Arbeitsplatz“, so Pfeifer über die Angst der Eltern über eine Infektion des Kindes und der Konsequenzen. „Unser größter Wunsch ist, dass endlich wieder alle Kinder kommen und wir einen normalen Tagesablauf gestalten können. Aber eine Entspannung ist erst einmal nicht in Sicht. Martin Stürmer, Virologe aus Obertshausen, warnt: „Wir befinden uns mittendrin in der Welle. Über Lockerungen kann man reden, wenn die Situation es zulässt. Aktuell ist es das aber noch nicht der Fall. Zudem wissen wir über Omikron noch viel zu wenig. Ich halte Lockerungen momentan für den falschen Weg.“ Und vor allem bei den Kleinen zieht die Welle einen langen Rattenschwanz mit sich: Erzieher stecken Kinder an, die stecken sich weiter untereinander an und geben es wiederum an die Eltern weiter, die nicht arbeiten gehen können. Es bleibt also aktuell nur die Hoffnung auf das Licht am Ende des Tunnels.