„Wir kämpfen um unsere Existenz!“

So
schlimm steht es um unsere Fußballvereine
BAYER. UNTERMAIN (mg). Die Pandemie hat so gut wie jeden Menschen getroffen und eingeschränkt. Auch unsere Fußballvereine erholen sich nach wie vor von den Folgen und Auswirkungen. Viele regionale Teams werden ehrenamtlich betreut und es fehlt ihnen oft an Mitteln um eine so lange Zeit ohne Spielbetrieb durchzuhalten. Auch bei den Spielern macht sich die spielfreie Zeit bemerkbar. PrimaSonntag hat sich in unserer Region umgehört: Wie ist die aktuelle Situation auf unseren Sportplätzen?
Benedikt Hotz, Vorstand Sport – Viktoria Aschaffenburg
„Letztendlich
haben wir die Corona-Krise gut überstanden. Das konnten wir nur auf
Grund unserer Fans, Sponsoren, ehrenamtlichen Helfer, Spieler,
Trainer, Jugendeltern, Mitarbeiter und einem guten Krisenmanagement
im Vorstand erreichen. Mit fünf Langzeitausfällen in dieser Saison
und immer wieder kleineren Blessuren ist kaum Rotation und damit
Entlastung der Spieler möglich. Zurückzuführen ist dies meiner
Meinung nach auf die lange Pause und den darauffolgenden
„Mammut-Saisonstart“ mit sechs englischen Wochen.“
Torsten Redeker, Vorstand Sport – SV Alemannia Haibach
„Auch
jetzt, wo der Ball wieder rollt und jeder mit einer Rieseneuphorie
gerechnet hat, können wir feststellen, dass Corona noch immer
allgegenwärtig ist. Die Vorsicht und Zurückhaltung der Zuschauer
und einzuhaltende Sicherheitskonzepte zeigen wohl deutlich
Verantwortung dafür, dass unsere Zuschauerzahlen trotz erfolgreichen
Fußballs hier in Haibach noch stagnieren. Verletzungstechnisch haben
wir große Probleme. Es ist uns in dieser Saison noch nicht einmal
gelungen, die gleiche Mannschaft an zwei darauffolgenden Wochenenden
spielen zu lassen.“
Marco Reinhard, Vorstand Sport – Sportfreunde Sailauf
„So
eine Verletzungsmisere wie diese Saison gab es in unserem Verein noch
nie. Mittlerweile vergeht nicht eine Woche ohne einen weiteren
Verletzten. Die Schuld dafür sehe ich definitiv beim frühen
Saisonstart und das ist einzig und allein in der Verantwortung des
Verbandes. Wenn man die Saisonstarts aller Landesverbände vergleicht
ist zu erkennen, dass Bayern mal wieder einen Sonderweg gegangen ist,
der sich nun auf die Gesundheit der Spieler auswirkt.“
Matthias Helfrich, Vorstand Sport – SpVgg Hösbach-Bahnhof
„Wir
mussten auch dieses Jahr alle unsere Feste und Turniere absagen.
Sportlich gesehen ist die Verletzungsrate enorm gestiegen. Es gibt
fast keinen Spieler der diese Saison noch nicht mit kleineren und
größeren Verletzungen zu schaffen hatte. Was sehr auffällt, sind
die vielen Muskelverletzungen.“
Steffen Bolze, Spielertrainer – TuS Leider
„Die Anzahl der
Verletzungen zur letzten Saison haben sich bei uns in dieser Saison
nicht extrem erhöht. Wir sind nach der langen Pause sehr dosiert in
das Training eingestiegen. Natürlich gab es auch die eine oder
andere Verletzung. Die Gründe sind die verkürzte Vorbereitung.
Fußballspezifisch zu trainieren ist immer etwas anderes als zum
Beispiel Joggen zu gehen.“
Wolfgang Schramm, Leiter Sportausschuss – DJK Hain
„Das
Vereinsleben kam im letzten Jahr Corona bedingt, wie überall,
komplett zum Erliegen. Einnahmenausfälle durch nicht-stattfindende
Feste und Veranstaltungen auf unserem Gelände und unserer
Sporthalle, sowie der Ausfall der sozialen Kontakte, die sich
allerdings wieder aktivieren lassen.“
Stefan Link, Vorsitzender Öffentlichkeit und Verwaltung – SV Altenbuch/Breitenbrunn
„Der
frühe Saisonstart wirkte sich natürlich nicht gerade positiv auf
die Fitness und Wettkampffähigkeit unserer Spieler aus. Aber wie
vieles in der Corona-Zeit, muss es einfach so gehen.“
Baris Ulusan, Vorstandsmitglied – SV Gencler Birligi Aschaffenburg
„Es
fehlt besonders an ehrenamtlichen Betreuern. Durch die Pandemie haben
die Menschen ihre spielfreien Sonntage. Manche sind daher leider
nicht mehr zum Vereinsleben zurückgekehrt.
Natürlich
verstehen wir die Intention des Fußballverbands, allerdings muss der
Verband auch berücksichtigen, dass wir immer noch eine Amateurliga
sind. Viele Spieler haben über Monate keinen einzigen Ball gesehen
und sollen in ca. 1- 1,5 Monaten auf das Niveau zurückkommen von
2019? Das macht der Körper nicht mit.“
Michael Zmorek, Vorstandsmitglied – SV Rot Weiss Weibersbrunn
„Wir
erleben einen Rückgang von Spielern, die nach der doch langen
Zwangspause nun nicht mehr die Schuhe für uns schnüren wollen. Hier
ist einmal der berufliche Aspekt hervorzuheben, denn keiner aus einer
von Corona stark betroffenen Branche möchte in einer
Zeit der Normalisierung durch sein Hobby einen Arbeitsausfall
riskieren.“
Marco
Hübner, Sportlicher Leiter – SpVgg Grünmorsbach
„In
erster Linie war natürlich der finanzielle Aspekt der Größte und
Schwerste gewesen. Die Platzpflege, die Nebenkosten für das
Vereinsheim und Versicherung sind natürlich alle weitergelaufen.
Allerdings muss man auch sagen, dass wir hier sehr treue Sponsoren
haben. Neben sieben Langzeitverletzten haben wir wöchentlich neue
Ausfälle, die wir versuchen mit unserer alten Herren Mannschaft zu
kompensieren.“
Izzet Cevik, Sportlicher Leiter – Türk FV Erlenbach
„Vor
allem in der Jugendabteilung haben sich bei uns Probleme entwickelt.
Wir mussten sogar mit der ganzen U15
Mannschaft für 10 Tage in Quarantäne gehen. Dadurch gab es viele
Schwierigkeiten für Eltern wegen der Kinderbetreuung und es gab
Probleme mit den Arbeitgebern der Eltern. Aus Angst haben viele
Eltern ihre Kinder nicht mehr zum Verein geschickt.“
Heiko Gries, Abteilungsleiter Fußball – SG Geiselbach/Schneppenbach
„Jemanden
für ein Ehrenamt zu begeistern, seinen Verein nicht nur als
Zuschauer sondern auch in anderer Form zu unterstützen, war schon
vor Corona schwer und die Pandemie hat natürlich nicht dazu
beigetragen das sich dieser Zustand gebessert hat. Es wird eher
schwieriger eine Verjüngung in den Vereinsstrukturen
voranzutreiben.“
Bastian Goldhammer, Sportphysiotherapeut – Inh. „Performance Zone“
„Das
Verletzungsrisiko ist immer individuell zu betrachten. Die meisten
Amateur Sportler hatten nicht genügend Zeit sich an die
fußballspezifische Belastung zu gewöhnen, die nach längerer
Sportpause benötigt ist. Die Skelettmuskulatur braucht je nach
sportlicher Belastung sechs bis acht Monate für die Adaptation.
Sehnen, Bänder und Gelenke benötigen sogar acht bis zwölf Monate.
Die stetig wechselnden Belastungen im Fußball, von linearen Läufen
bis hin zu Richtungswechseln, Sprints oder Sprüngen verlangen dem
Körper alles ab. Durch die lange Corona Pause, die verkürzte
Vorbereitungszeit, sowie die fehlende Regenerationszeit zwischen
den Wettkämpfen schleppt sich der Hobbysportler mit kleinen
Blessuren durch die Fußballzeit, wodurch stärkere Folgeverletzungen
nicht ausbleiben. Hier wird der Fußballer und der Vereinstrainer in
die Pflicht genommen um die Belastungssteuerung individuell zu
optimieren und die Woche auch außerhalb des Fußballtrainings
präventiv, durch einen Mix aus Beweglichkeit, Koordination,
Krafttraining, zu gestalten.“