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250 Kilometer durch die Wüste

10.12.2023, 06:00 Uhr in PrimaSonntag
KW50 SPORT

MILTENBERG (mg). Zahlreiche Athleten wurden Ende November im Landkreis Miltenberg geehrt. Sportler des Jahres wurde dabei Christopher Kaya. Er ist Extrem-Ausdauersportler und bewältigt in seiner Freizeit Herausforderungen, die kaum menschenmöglich erscheinen.

„Die schwierigste Herausforderung ist man wahrscheinlich selbst…als eigener Gegner“, erzählt Christopher Kaya aus Miltenberg, „man kommt jedes Mal an den Punkt - da würde man gerne einfach stehenbleiben.“ Der 43-Jährige läuft Ultramarathon. Also alles jenseits der klassischen Distanz von 42 Kilometern. Dabei müssen sich die Athleten selbst versorgen. Das heißt, dass man seine komplette Verpflegung, Medizin und Equipment - vom Schlafsack bis hin zum Klopapier - mit sich trägt. „Man muss 1,5 l Wasser transportieren können und kann es an den Checkpoints wieder auffüllen. Diese liegen im Schnitt so zwischen zehn und 14 km auseinander“, erklärt der Extrem-Ausdauersportler. Es gibt verschiedene Arten des Ultramarathons. „In Kappadokien bin ich einen typischen Ultramarathon von 120 km und rund 3.000 Höhenmeter gelaufen. Dabei trägt man außer einer Weste für Wasser kaum Equipment mit sich.“ Während man hier an einem Stück läuft, gibt es auch Rennen, die in Etappen stattfinden. Wie zum Beispiel das „Atacama-Crossing“- eines der härtesten Rennen auf dem Planeten. "Grob wurde der Atacama in 40; 40; 40; 40; 70; 20 km gelaufen. Danach nächtigt man in einem Camp und am nächsten Tag wird um acht Uhr wieder gestartet.“ Während des siebentägigen Rennens müssen die Teilnehmer 1.683 Meter Höhengewinn und 2.508 Meter Höhenverlust bewältigen. Und das bei Temperaturen von bis zu 46 Grad tagsüber und bis zu sechs Grad nachts. Nachdem Kaya im Vorjahr beim „Namib Race“ in Namibia den neunten Platz belegte, setzte er sich für das Wüstenrennen die Top 10 als Ziel.

„Hart für den Kopf“

„Die ersten beiden Tage war ich auch im vorderen Feld“, berichtet der Ultraläufer vom diesjährigen Rennen in der Wüste an der Pazifikküste Südamerikas, „am dritten Tag ging es durch Wasser, Sand, wieder Wasser und wieder Sand. Da hatte ich nach dem Rennen blutig offene Blasen an den Fersen. Ab da war klar, dass es nicht mehr um die Top 10, sondern einfach ums Durchkommen geht.“ Trotz monatelanger Vorbereitung war seine Traumplatzierung jetzt nicht mehr möglich. „Ist hart für den Kopf, wenn man sich auf etwas gut vorbereitet hat und sich dann durchschleppen muss. Die 40er-Etappe am nächsten Tag bin ich durchgehumpelt. Danach sahen die Füße dementsprechend noch „besser“ aus.“ Die 70 Kilometer am Tag drauf beschreibt der Miltenberger als unvergesslich. Unvergessen wird wohl auch die Schlussetappe bleiben: „Die letzten 20 Kilometer bin ich in Biwak-Schuhen, sozusagen Pantoffeln, gelaufen, weil meine Füße nicht mehr in die Laufschuhe passten.“ Nach 46 Stunden, 14 Minuten und 54 Sekunden überquerte er die Ziellinie. „Bei einem Ultra sind alle Helden, die im Ziel ankommen. Jeder in der für sich angepassten Anforderung. Aber um erfolgreich zu sein, braucht es einfach Ehrgeiz und das richtige Mindset - weh tun wird es allemal.“

Egal bei welchem Wetter

Das zeigt sich schon bei der Vorbereitung. Rund 300 Trainingskilometer läuft er im Monat. Das heißt fast jeden Tag - egal bei welchem Wetter. „Das ist wahrscheinlich das Wichtigste daran. Dass man einfach dran bleibt und nicht nach zwei Wochen wieder aufhört. Und wenn es mal so gar keine Laune macht…dann erst Recht auf dem Rückweg noch Umwege machen. Es trainiert den Geist den unangenehmen Weg zu gehen.“ Für manche mag sich das nach Qualen anhören, für den Kaya ist es das aber alles wert: „Der schönste Nebeneffekt ist schon das ganze drum herum. Ich reise gerne. Dann kommt man dort an und trifft Mitstreiter aus aller Welt, die man von einem anderen Rennen kennt.“ Die Atacama-Wüste hat es ihm besonders angetan: „Landschaftlich ist es für mich einfach eine atemberaubende Umgebung. Dort ist nichts! Einfach nur man selbst. Manchmal kann man sich im Kreis drehen und sieht in jede Richtung einfach nur nichts und den Horizont. So wie manche Strände lieben, ist es bei mir eben die Wüste!“ Aktuell bereitet sich der Sportler des Jahres im Landkreis Miltenberg auf den nächsten Wettkampf vor: Ein 100 Meilen Rennen mit 7000 Höhenmetern - und das am Stück! „Da muss ich in der Vorbereitung wahrscheinlich noch ne Schippe drauf packen … mal schauen wie es wird.“ Dabei wird er nicht alleine sein. Seine Trainingspartnerin Brahma, eine Weimaranerhündin, läuft während der Vorbereitung jeden Kilometer an Christophers Seite.

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