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Drogenkonsum unter Aufsicht in A’burg?

15.12.2024, 06:00 Uhr in PrimaSonntag
Drogenkonsum Aburg Elsaesser

BAYER. UNTERMAIN/FRANKFURT (ps). In einem sterilen, schmucklosen Raum mit Kachelboden steht eine Reihe von Stühlen vor kleinen Tischen an der Wand. Hierher kommen Menschen aus Frankfurt und den umliegenden Städten, um Drogen zu konsumieren - und zwar unter stressfreien und hygienischen Bedingungen. Mittlerweile gibt es vier Konsumräume mit etwa 400 Konsumvorgängen täglich. Und auch Menschen aus unserer Region nutzen das Angebot regelmäßig.

Ruhe und saubere Nadeln, um sich zum Beispiel einen Schuss zu setzen: Das gibt es in den Frankfurter Drogenkonsumräumen. Frankfurt war 1994 die erste deutsche Stadt, die einen Konsumraum einrichtete. Aber nur etwa 44 Prozent der Nutzer kommen aus der Stadt, der Rest der Drogenabhängigen reist aus Offenbach, Darmstadt und, dicht dahinter, Aschaffenburg an. Frankfurt möchte das ändern und die Räumlichkeiten nur noch für „Einheimische“ öffnen. Die Stadt sieht die Verantwortung bei den einzelnen Kommunen. „Wir können nicht halb Süddeutschland versorgen“, verkündete Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef bereits. Auch der Pressesprecher des dortigen Sozialdezernats, Christian Rupp, wünscht sich mehr Einsatz der umliegenden Städte. Aber sind Konsumräume in Aschaffenburg überhaupt möglich? Und welche Möglichkeiten gibt es für Abhängige aktuell vor Ort?

Frankfurter Erfolgsmodell hier nicht erlaubt
Daniel Elsässer ist Bereichsleiter für die sozialen Dienste im Caritasverband und zuständig für die Suchthilfe in Aschaffenburg. „Die Möglichkeiten für den Konsum im geschützten Raum bestehen in Bayern tatsächlich nicht. Drogenkonsumräume sind nicht vorgesehen und wurden jetzt auch erst kürzlich wieder von der Staatsregierung verneint. Also: sie werden auch nicht kommen“, erklärt er. „Opiat-Abhängige (dazu zählt Heroin) können sich an die Suchtberatungsstelle wenden und eine Möglichkeit für eine Substitution erhalten. Die ist aber leider Gottes in den letzten Jahren rückläufig. Erst kürzlich hat wieder ein Arzt die Substitution hier in der Region eingestellt.“ Substitution bedeutet, dass Menschen, die beispielsweise von Heroin abhängig sind, spezielle Medikamente erhalten, die sie nach und nach von den illegalen Drogen wegholen können.

„Die Politik muss handeln“
„Eine solche Behandlung führen speziell geschulte Ärzte durch. Sie soll dem Abhängigen helfen, sich von den schwierigen Lebensumständen zu entfernen und er kann im besten Fall wieder einen Beruf ausüben und zurück in die Gesellschaft integriert werden“, erklärt Daniel Elsässer. „Leider ist die Versorgung von Opiat-Abhängigen hier nur sehr spärlich möglich. Es gibt immer weniger Ärzte, die eine Substitution anbieten.“ Von der Politik wünscht er sich, dass es vor Ort mehr Unterstützungsmöglichkeiten gibt. „Wir können nicht darauf warten, dass Frankfurt den Job für die Aschaffenburger mit übernimmt.“

Drogentote verhindern
„Wenn hier in Bayern Konsumräume zugelassen wären, wäre ich natürlich dafür. In Frankfurt gibt es diese Örtlichkeiten seit 30 Jahren. Dort steigt die Zahl der Drogentoten nicht, während es in allen anderen Bundesländern und Regionen immer mehr Drogentote gibt. Das Verlängern des Lebens, bis jemand in entsprechender Behandlung ist, ist total sinnvoll“, stellt Daniel Elsässer klar. Auch Christian Rupp, Pressesprecher des Frankfurter Sozialdezernats, weiß um den Nutzen der Drogenkonsumräume. „In diesen Räumen werden Menschenleben gerettet. Noch nie ist dort jemand an einer Überdosis gestorben. Das geschulte Personal ist immer vor Ort und kann sofort Hilfe leisten, wenn das nötig ist.“

„Keine Wellness-Oasen“
Ein weiterer Vorteil der Konsumräume sind saubere Utensilien, wie beispielsweise Spritzen. Das verhindert die Übertragung von HIV und Hepatitis. „Diese Konsumräume sind ja keine Wellness-Oasen. Das Problem sind nicht die Räume, sondern die Drogen. Und die Sozialpolitik kann nicht die Versäumnisse der Sicherheitsbehörden ausbügeln.“ Die Stadt Aschaffenburg antwortet auf PrimaSonntag-Anfrage: „Ob Personen aus der Stadt Aschaffenburg in Frankfurt Drogenkonsumräume aufsuchen, ist der Stadtverwaltung so nicht bekannt. Eine finanzielle Beteiligung an den Einrichtungen in Frankfurt wird nicht gesehen.“ Die aktuell bestehenden Angebote scheinen also reichen zu müssen.

Daniel Elsaesser
Daniel Elsässer ist Bereichsleiter für die sozialen Dienste.

Hilfe gibt es bei der Psychosozialen Suchtberatungsstelle:
Caritasverband Aschaffenburg
Stadt und Landkreis e.V.
Treibgasse 26 (Martinushaus)
63739 Aschaffenburg Telefon 06021 · 392280