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Ein ganzer Ort unter Strom

24.05.2025, 08:00 Uhr in PrimaSonntag
KW21 Umspannwerk

ALZENAU ALBSTADT (ps). Weite, wogende Felder, sanfte Hügel und Vogelgezwitscher: Der Albstädter Goldberg gleicht einer Bilderbuch-Idylle. Doch viele Albstädter haben aktuell Sorge, dass ihnen dieses Stück Land genommen wird. Sie befürchten, dass direkt neben dem Ort ein Mega-Umspannwerk gebaut werden soll. Eine Bürgerinitiative setzt alles daran, den Bau zu verhindern. Aber wie konkret sind die Bau-Pläne wirklich? Die Firma TenneT, die das Umspannwerk bauen würde, hat einen ganz anderen Blick auf die Situation.

Hochspannungsleitungen, ein riesiger Transformator, elektrisches Brummen: Alexander Stenger aus Albstadt befürchtet, dass durch das Mega-Umspannwerk wertvolle Ackerflächen, ein Naherholungsgebiet und Lebensraum für Tiere verloren gehen. „Das Umspannwerk könnte circa 40 Fußballfelder groß werden. Das sind riesige Dimensionen. Und hier gehen viele Albstädter mit ihren Hunden Gassi, es brüten Steinkäuze, Rotmilane und Feldlerchen“, so Stenger. Diesen Sonntag veranstaltet die Bürgerinitiative Albstadt eine Infoveranstaltung, bei der 1.000 gesammelte Unterschriften und ein Katalog mit Forderungen an Politiker wie Landrat Alexander Legler und den Alzenauer Bürgermeister Stephan Noll übergeben werden sollen. „Wir wollen den Druck auf die Politik und die Firma TenneT so hoch wie möglich halten und massiven Widerstand leisten“, stellt Alexander Stenger klar.

Ängste und Sorgen
Der Albstädter ist erster Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen das Umspannwerk und wohnt direkt am Ortsrand. „Wir hatten ein, zwei Fachleute mit am Tisch, die gesagt haben, dass es die kostengünstigste, einfachste und schnellste Variante wäre für TenneT, wenn das Umspannwerk hier direkt neben den Ort gebaut wird“, so Stenger. „Zum Teil könnte es gerade mal 200 Meter vom Ort weg stehen, der Platz entspricht nahezu der bebauten Fläche Albstadts. Und wir befürchten, dass immer mehr dazu kommt, wenn das Umspannwerk einmal da ist. Das bietet sich dann natürlich an, wenn die Infrastruktur sowieso vorhanden ist.“ Stenger spricht von der Ausspeisung von Wasserstoff und davon, dass zukünftig möglicherweise auch noch Windräder eingespeist werden. Albstadt liege am für das Unternehmen gut gelegenen Kreuzungspunkt, aber ein Umspannwerk direkt vor der Haustür könne man so nicht akzeptieren. „Da muss der Mensch auch gehört werden. Es sind mit die besten Ackerböden im gesamten Kreis, die wir hier oben haben. Und viele Tiere wie Feldlerche, Rotmilan und Mopsfledermaus sind hier zuhause. Es werden zwar aktuell Alternativ-Standorte geprüft, aber wir wollen, dass TenneT uns die nennt“, sagt Stenger. Über 50 Grundstückseigentümer müssten laut dem Vorsitzenden der Bürgerinitiative enteignet werden, damit das Mega-Umspannwerk am Albstädter Goldberg gebaut werden kann. „Uns haben einige schon ganz klar gesagt, dass sie kein Geld brauchen und unter keinen Bedingungen verkaufen“, sagt Stenger.

„Gibt gar keine konkreten Pläne“
Der Stromnetzbetreiber TenneT gestaltet den gesetzlich vorgeschriebenen Netzausbau in Bayern schon seit vielen Jahren und Jahrzehnten, mit den Sorgen der Bürger sieht sich das Unternehmen regelmäßig konfrontiert. Ein Pressesprecher von TenneT teilt auf Nachfrage mit: „Wir haben noch keine konkreten Planungen, aber auf der Website der Bürgerinitiative ist seit Sommer 2024 eine Fläche in eine Karte eingezeichnet, die dem Laien suggeriert, hier wären schon Fakten geschaffen.“ Erst viele Monate nach ihrer Gründung und nachdem bereits das Gespräch mit der Presse gesucht wurde, sei die Bürgerinitiative auf das Unternehmen zugekommen. „Wir stehen also in Kontakt, haben aber seitens TenneT weiterhin die Herausforderungen, dass es keine konkreten Planungen gibt, über die wir sprechen können. Wenn sich die Planungen konkretisieren, werden wir - wie auch an unseren dutzenden weiteren Umspannwerksneubauten - proaktiv das Gespräch suchen“, stellt der Pressesprecher klar. Er weist außerdem auf ein Treffen mit der Bürgerinitiative und Andrea Lindholz im Juni hin. Zur Infoveranstaltung diesen Sonntag sei niemand von TenneT eingeladen worden.

Alzenau bekräftigt Bürgerinitiative
Auf Anfrage teilt die Stadt Alzenau mit, dass man kein Fan eines Umspannwerks auf Albstädter Gemarkung sei. „Auch wir sprechen uns entschieden gegen das geplante Umspannwerk aus und stehen an der Seite der Bürgerinitiative. Es findet ein regelmäßiger Austausch statt und wir unterstützen uns gegenseitig“, so Diana Börner, Leiterin vom Büro des Bürgermeisters. „Bei dem Vorhaben geht es um die bundesweite Netzversorgung. Für Alzenau ergeben sich keine direkten Vorteile durch den Bau des Umspannwerks, da es sich primär um die Versorgung des Rhein-Main Gebietes handelt.“ Vielmehr stelle der angedachte Neubau eine massive Belastung dar: „Der Standort mitten in der Landschaft hätte einen enormen Flächenbedarf, liegt zu nah an Wohnbebauungen und hätte gravierende Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bürger in den Stadtteilen Albstadt und Michelbach“, teilt die Stadt mit. Das Thema Umspannwerk spaltet in Albstadt und der Umgebung die Gemüter. Es bleibt die Frage, wie konkret die Pläne wirklich sind und ob TenneT, wenn sie Formen annehmen, den Standort am Goldberg wirklich wählt. Die Bürgerinitiative um Alexander Stenger gibt sich jedenfalls kämpferisch. Sie möchte das Mega-Umspannwerk direkt am Ortsrand um jeden Preis verhindern.