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,,Ich habe in seine toten Augen geschaut"

08.06.2025, 08:00 Uhr in PrimaSonntag
Lebensretter Collage

HÖSBACH (ld). Es ist das schlimmste Szenario, das man sich vorstellen kann. Bei einem Ausflug bricht ein geschätzter Freund zusammen. Dann muss alles ganz schnell gehen, denn man stellt fest, dass er nicht mehr am Leben ist. Bange Minuten folgen, in denen man einfach nur funktioniert. Mit Erster Hilfe kann man ein Menschenleben retten – und Dirk Kölsch aus Bessenbach hat mit vielen Helfern genau das getan.

Es sollte ein schöner Tag für Dirk Kölsch und seine Frau Patricia werden. Ihre Freunde Heike und Andreas aus München besuchen die beiden. Zusammen wollen sie am vergangenen Wochenende in Hösbach essen gehen. Andreas fühlt sich da schon nicht wohl, verschweigt das aber den anderen gegenüber. Auf der Autofahrt ist ihm schwindelig. Vor Ort angekommen, will Dirk das Auto parken. Seine Frau und die Freunde steigen aus. In diesem Moment bricht Andreas zusammen und fällt mit dem Hinterkopf auf das Straßenpflaster. Dirk bekommt im Auto nur mit, dass Heike und Patricia laut aufschreien. Sofort zieht er die Handbremse und eilt zu Andreas. Er kontrolliert seine Atmung und muss zu seinem Erschrecken feststellen, dass er nicht mehr atmet und blau angelaufen ist. Sein erster Gedanke: Herzinfarkt. „Es war für mich einfach nur schlimm, ich war geschockt in ein totes Gesicht zu schauen.“, sagt Dirk Kölsch. Die Augen von Andreas sind komplett weiß, die Pupillen sind nicht mehr zu sehen. Außerdem ist seine Zunge nach hinten geklappt. Als Ersthelfer weiß Dirk allerdings, was zu tun ist: „Man funktioniert in dem Augenblick und macht auf jeden Fall das Richtige“

Schnelle Erste Hilfe
Dirk beginnt geistesgegenwärtig die Wiederbelebung mit Herzdruckmassage und der Beatmung. Nach einer Weile geben die Rippen nach. Währenddessen ruft Dirk laut nach Hilfe. Zu dieser Zeit findet im Restaurant Lanzilotti eine Tauffeier statt. Dort bemerkt man die Schreie. Zwei Personen, Ricardo und Marcel, eilen unmittelbar zu Hilfe. Zu dritt wechseln sie sich jetzt mit der Herzdruckmassage und Beatmung ab. Nach etwa drei Minuten schaffen sie es: Andreas fängt mit einem ganz großen Atemzug wieder an zu atmen. Parallel dazu hilft auch Bianca vom Restaurant Lanzilotti. Sie bringt Eis und Wasser nach draußen und organisiert mit dem ganzen Team schnelle Hilfe. Später sagt Dirk darüber: „Ich bin dem ganzen Team vom Lanzilotti unendlich dankbar, dass wir durch diesen Zusammenhalt, der in diesem Augenblick stattgefunden hat, meinen besten Freund wieder ins Leben zurückgeholt haben.“ Jetzt trifft auch die Feuerwehr mit einem Defibrillator ein, Notarzt und Krankenwagen folgen bald darauf. Acht Minuten nach dem Vorfall sind sie da. Die Platzwunde und die Blutung im Zwischenbereich des Hirns werden jetzt auch bemerkt.

Auf dem Weg der Besserung
Trotz allem – der 52 Jährige Andreas ist vorerst nicht ansprechbar und kommt zunächst auf die Intensivstation. Es wird festgestellt, dass er einen Kreislaufkollaps mit Atemstillstand und Herzkammerflimmern erlitten hat. „Wenn er alleine gewesen wäre, hat der Arzt gesagt, hätte er nicht überlebt.“, so Dirk Kölsch. Drei Rippen sind gebrochen, außerdem müssen die Platzwunde und die Blutung im Krankenhaus versorgt werden. Doch schon nach schon ein paar Tagen wird er auf die Normalstation verlegt. Dirk besucht ihn im Krankenhaus und kann Mitte der Woche mit seinem Freund sprechen. Inzwischen kann er sogar wieder aufstehen, auch wenn der Kopf und die Rippen noch schmerzen. Allerdings ist die Seh- und Hörleistung von Andreas durch den Vorfall eingeschränkt. Dirk will sich nach dem Schock psychologische Hilfe holen und auch seine Frau Patricia träumt noch immer von der schrecklichen Situation. Er hält jedoch fest: „Das war ein einschneidendes Erlebnis. Ich werde das nie vergessen, dass ich meinem Freund das Leben gerettet habe und das ist einfach ein schönes Gefühl.“ Als Erinnerung daran will er sich das Datum, den 31. Mai, mit dem Namen des Freundes und einer Lebenslinie auf den Unterarm tätowieren lassen.

Große Dankbarkeit
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass Dirk Kölsch Erste Hilfe leistet. Vor einigen Jahren erlebt er einen Unfall, bei dem eine Frau im Auto eingeklemmt wird. Da sie am Kopf blutet, setzt er sich auf die Rückbank und hält ihren Kopf, weil unklar ist, ob die Halswirbelsäule gebrochen ist. Ein weiterer Mann versorgt damals die Wunde. Zu diesem Zeitpunkt hatte Dirk noch keinen Erste-Hilfe-Kurs, doch das Thema lässt ihn nicht mehr los. Vor 14 Jahren entscheidet er sich dann dazu, Ersthelfer in seiner Firma zu werden und frischt den Kurs alle zwei Jahre auf. Er appelliert: „Steht nicht einfach rum und schaut zu, wenn es um ein Leben geht. Jedes Leben ist kostbar. Es kommt darauf an zu helfen. (…) Und wenn man in dieser Situation war und hat ein Menschenleben gerettet, kann man das mit Geld nie wieder aufwiegen, also das ist ein Glücksgefühl, das immer bleibt.“

Was tun im Ernstfall?
Björn Bartels ist Leiter der Rettungs- und Einsatzdienste beim BRK und betont, wie wichtig es ist, in einer Notfallsituation Ruhe zu bewahren und überlegt, aber entschlossen zu handeln: „Einerseits ist es wichtig die Situation kurz zu analysieren, rechtzeitig den Notruf über die Notrufnummer 112 abzusetzen und dann zu entscheiden, was als erstes an lebensrettenden Maßnahmen zu ergreifen ist. Es empfiehlt sich, das Wissen rund um die Erste Hilfe regelmäßig aufzufrischen, um dann im Notfall entsprechend auch zielsicher handeln zu können.“ Vielerorts hängen inzwischen auch Defibrillatoren, die die erste Hilfe erleichtern: „In dem Moment, in dem Sie das Gerät in Betrieb nehmen werden Sie mit Hilfe einer Sprachführung angeleitet, das Gerät zu bedienen. Hierbei ist wichtig, dass die Herzdruckmassage nicht durch das Herbeiholen eines Defibrillators unterbrochen werden sollte, dazu beauftragen Sie am besten einen weiteren Helfer.“ Insgesamt hält er fest: „Gerade bei der Wiederbelebung ist es wichtig zu handeln, statt zu warten, denn die Überlebenswahrscheinlichkeit sinkt mit jeder Minute. Haben Sie keine Scheu und beginnen Sie einfach.“

Wie würden unsere Leser reagieren:

KW23 UMF Reanimation 2

Barbara aus Aschaffenburg: „Ich habe noch keinen Erste-Hilfe-Kurs gemacht und war auch noch nie bei einem Noteinsatz vor Ort. Aber ich glaube ich könnte in einer Notsituation auf jeden Fall helfen“

KW23 UMF Reanimation 3

Jürgen Buhk aus Aschaffenburg: „Glücklicherweise habe ich eine solche Situation noch nicht erlebt, ich habe aber in meinem Betrieb schon diverse Erste-Hilfe-Kurse besucht. Dadurch bin ich mit diesem wichtigen Thema vertraut und würde auf jeden Fall immer helfen, da ich natürlich hoffe, dass mir im Ernstfall auch geholfen wird.“

KW23 UMF Reanimation 4

Hannelore Bötscher aus Aschaffenburg: „Ich habe noch nie jemanden reanimiert und würde mir das auch nicht zutrauen. Ich habe damals den Kurs für den Führerschein gemacht, aber trotzdem traue ich mir das nicht zu, da ich Angst habe, dass ich etwas falsch mache. Ich war auch noch nie in einer solchen Situation.“

KW23 UMF Reanimation 5

Gerd aus Miltenberg: „Ich habe noch niemanden reanimiert und war auch noch nie dabei. Aber ich würde natürlich trotzdem so gut es geht helfen, da man natürlich auch selbst in so einer Notlage stecken könnte.“

Helmut aus Miltenberg: „Ich habe schon solche Erste-Hilfe-Kurse besucht, war aber noch nie an einer lebensrettenden Maßnahme beteiligt. Aber ich würde in jeder Situation versuchen in irgendeiner Weise zu helfen.“