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„Ich lasse mich in Hösbach nicht begraben!“

09.11.2025, 07:30 Uhr in PrimaSonntag
KW45 Friedhof

HÖSBACH (md/ps/ld). Trauernde müssen in Hösbach jetzt in einen ganz schön sauren Apfel beißen. Die Marktgemeinde erhöht die Friedhofsgebühren bis 2029 in drei Schritten massiv. So drastisch, dass sich Hösbachern jetzt die Frage stellt, ob sie sich das Sterben überhaupt noch leisten können. Manche überlegen schon, sich andernorts bestatten zu lassen. Bislang sind die Gebühren der umliegenden Gemeinden deutlich geringer. Aber was ist mit bestehenden Gräbern der Verstorbenen? Und könnte Sterben bald überall wesentlich teurer werden?

Die Marktgemeinde möchte die Friedhofsgebühren in drei Schritten erhöhen und hat bereits damit angefangen. Die Familiengrabgebühren bei 30 Jahren Ruhezeit lagen lange Zeit bei 2520 Euro und damit im regionalen Durchschnitt. Jetzt wurden sie auf 6270 angehoben und ab Oktober 2029 soll ein Familiengrab sage und schreibe 12.540 Euro kosten. Ein Doppelgrab - ebenfalls mit 30 Jahren Ruhezeit - kostete bislang 990 Euro. Jetzt werden 2620 Euro dafür verlangt. Im letzten Schritt sollen die Gebühren auf 5.250 Euro angehoben werden. Das ist eine Steigerung von mehr als 500 Prozent. Fritz Roth sitzt mit wütendem Blick am Tisch. Der gelernte Kaufmann ist sichtlich geschockt: „Das empfinde ich als pietätlos, als Abzocke und Wucher zugleich. Hier wird richtig abgezockt, hier wird Geld verdient!“ Ein Problem sieht Fritz Roth vor allem für bestehende Gräber, wenn diese nach der Ruhezeit erneuert werden. Seine Schwiegermutter ist in Hösbach bestattet: „Das Grab wurde 2012 angelegt, als meine Schwiegermutter gestorben ist, es läuft 30 Jahre. Das heißt, 2042 wird dieser neue Betrag fällig, also 5.250 Euro. Das ist viel Geld. Das kann sich nicht jeder leisten – und das will sich auch nicht jeder leisten! Für mich bedeutet das, dass die Hösbacher Marktgemeinde ihre Friedhöfe selbst beerdigt hat.“

Gebühren in Nachbargemeinden deutlich geringer
In den umliegenden Gemeinden sind die Grabgebühren wesentlich geringer – in Goldbach zum Beispiel: „Da komme ich bei einem Familiengrab auf rund 2.700 Euro. (…) Ein Doppelgrab kostet in Goldbach etwa 2.100 Euro.“, so Roth. In der Nachbarkommune Sailauf summieren sich die Kosten für ein Familiengrab bei einer Ruhezeit von 30 Jahren auf etwa 3000 Euro, für ein Doppelgrab sind in dieser Zeit rund 1200 Euro fällig und ein Urnengrab kostet 1470 Euro. Im Geburtsort von Fritz Roth Weibersbrunn, ist es sogar noch günstiger. Dort sind Verwandte von ihm bereits bestattet. Pro Familiengrab bezahlt er um die 1500 Euro. Besonders günstig sind mit 420 Euro für diese Zeitspanne Gräber in Kleinwallstadt und Hofstetten.

Das sagt die Gemeinde
Wie uns das Hösbacher Rathaus auf Nachfrage mitteilt, wird die Kalkulation der Friedhofsgebühren regelmäßig alle vier bis fünf Jahre durchgeführt. Bei der letzten Überprüfung durch ein externes Büro habe sich gezeigt, dass die aktuellen Gebühren die Kosten der Friedhöfe zu lediglich 17 % deckten: „Die geringe Kostendeckung wurde sowohl vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband im Rahmen der Rechnungsprüfung als auch der Kommunalaufsicht beim Landratsamt mehrfach bemängelt und auf eine Anhebung der Friedhofsgebühren gedrängt.“ In den letzten zehn Jahren seien sie mit 3,9 Millionen Euro aus allgemeinen Haushaltsmitteln bezuschusst worden. „Sowohl der Hauptausschuss als auch der Marktgemeinderat haben in intensiven Gesprächen über diesen Sachverhalt beraten und eine Anhebung der Friedhofsgebühren in drei Schritten beschlossen“. Zum 1. Oktober diesen Jahres wurden sie auf eine Kostendeckung von 50 % angehoben, 2029 sollen sich die Gebühren dann schließlich zu 100 % rechnen. Aktuell werde für ein Urnengrab zwischen 880,00 € und 2.020,00 Euro an Gebühren erhoben. „Nach der dritten Stufe 2029 werden dann Gebühren zwischen 1.770 und 4.060,00 Euro fällig.“

Immer weniger Sargbestattungen
Der Marktgemeinde ist bewusst, dass die Preissteigerung rapide ist: „Mit dieser Gebührenerhöhung bewegen wir uns im Landkreisvergleich im oberen Bereich, auch wenn es Kommunen gibt, deren Friedhofsgebühren noch über denen des Marktes Hösbach liegen. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Finanzproblematik der Kommunen mit steigenden Ausgaben und sinkenden Einnahmen bleibt den Kommunen oft keine andere Wahl als Gebührenerhöhungen.“ Zur Sargbestattung im Doppel- oder Familiengrab heißt es im Statement: „Diese Bestattungsformen haben in den letzten Jahren an Bedeutung verloren und werden immer weniger angefragt. Es steht jedem Grabhalter frei, günstigere Bestattungsformen zu wählen.“ Außerdem weist Hösbach darauf hin, dass sich die Kosten der Friedhöfe in vielen Gemeinden momentan nur um etwa 30-40 Prozent decken. Daher ist es gut möglich, dass auch andere Kommunen bald nachziehen. Fritz Roth hat jedenfalls die Konsequenzen für sich gezogen: „Ich bin inzwischen an dem Punkt, an dem ich sage: Wenn ich einmal sterbe, bin ich nicht verpflichtet, mich in Hösbach beerdigen zu lassen. Ich habe das in meiner Familie bereits geregelt. Ich werde in Weibersbrunn ins Familiengrab zu meinen Großeltern und meinen Eltern gehen.“