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„Jetzt feiern wir erst recht!“

01.09.2024, 06:00 Uhr in PrimaSonntag
Collage Feste

BAYER. UNTERMAIN (ps). Was ein Tag voller Freude werden sollte, wurde zum vielleicht dunkelsten Moment in der Geschichte der nordrhein-westfälischen Stadt Solingen. Am Freitag, den 23. August, tötete ein aus Syrien stammender Mann auf der dortigen 650-Jahr-Feier drei Menschen und verletzte acht weitere zum Teil schwer. Eine Tat, die fassungslos macht. Welche Folgen hat die grausame Messerattacke für unsere Region? Wie geht es den Menschen am bayerischen Untermain damit? PrimaSonntag hat sich umgehört und auch bei Polizei und Politik nachgefragt.

Issa al Hasan tötete in Solingen zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren und eine 56-jährige Frau. Vier Menschen wurden bei dem Attentat schwer verletzt, sind aber mittlerweile über den Berg. Die Tat schockte ganz Deutschland und auch am bayerischen Untermain bleiben die Folgen nicht aus. Auch hier bei uns wird gern gefeiert, gern getanzt und in geselliger Runde auf Festen das ein oder andere Glas gehoben. Ob auf dem Aschaffenburger Volksfest, dem Bachgaufest in Großostheim oder der Michelsmess in Miltenberg: Überall in der Region kann man gerade in den wärmeren Monaten bei Veranstaltungen mit Freunden zusammensitzen und einen ausgelassenen, sorgenfreien Abend verbringen. Aber hat diese Unbeschwertheit durch das Attentat von Solingen Risse bekommen?

„Keine konkreten
Gefährdungshinweise“

Das solch eine Tat für große Verunsicherung sorgen kann, gerade dann, wenn es unbekümmerte, feiernde Menschen auf einem Fest trifft, das weiß auch die Polizei. „Für die Veranstaltungen am bayerischen Untermain liegen uns keine konkreten Gefährdungshinweise vor, aber mit Blick auf die Ereignisse in Solingen sind wir natürlich höchst wachsam und gehen auch den kleinsten Hinweisen nach“, sagt Maximilian Basser, Pressesprecher der Polizei Unterfranken. „Wir sind mit den Städten und Landratsämtern in ständigem Austausch. Die Schutzmaßnahmen für die Feste werden fortlaufend überprüft und wir behalten es uns vor, die Präsenz von uniformierten Streifen gegebenenfalls zu erhöhen.“ Der Polizeihauptkommissar stellt auch klar, dass die auf Festen eingeteilten Beamten jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, egal ob bei hitzigen Streitigkeiten oder wenn jemand etwas Verdächtiges sehen sollte. Gemeinsam Feste zu feiern, gehört einfach zu unserer Identität und genau das ist Islamisten ein Dorn im Auge. Der Meinung ist auch Niklas Wagener, Bundestagsabgeordneter von den Aschaffenburger Grünen. „Wir dürfen dem nicht nachgeben. Ich werde auch in den nächsten Tagen auf einigen Festen in der Region sein und ich bedanke mich bei den Sicherheitsbehörden und Einsatzkräften. Jetzt erst recht sollten wir auf Feste gehen!“

Der Angst nicht zu viel Raum geben

Diplom-Psychologe Jürgen Junker arbeitet in Aschaffenburg als Therapeut in einer psychologischen Praxis. Er hat in seinem beruflichen Alltag oft mit Klienten zu tun, die Probleme mit Angst- und Panikgefühlen haben - allerdings eher weniger im Zusammenhang mit Messerangriffen, sondern eher wenn es um große Menschenmengen geht. Die Zahl der Messerangriffe ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen – das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik des BKA hervor. Im Jahr 2021 waren es deutschlandweit noch knapp über 10.000, 2023 dann schon fast 14.000. Jürgen Junker erwähnt aber auch einen Effekt, der nicht zu unterschätzen sei: „Verständlicherweise sorgen sich viele Menschen, wenn so etwas Schreckliches passiert. Man muss aber auch sagen, dass die Wahrnehmung sich ändert, wenn man ständig und überall von einem Ereignis liest und hört. Umso öfter man über das Thema nachdenkt oder davon hört, desto größer die Sorge. Durch die enorme Berichterstattung erscheint dieses Ereignis allgegenwärtig und die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert, wird massiv überschätzt.“ Der Diplom-Psychologe hat auch einen Tipp für diejenigen, die auf Festen eine gewisse Angst verspüren: Statt der Frage ‚Was wäre, wenn jetzt etwas passiert?‘ kann man sich zum Beispiel fragen ‚Wo ist hier die schönste Ecke, um Musik zu hören, wo gibt’s hier das leckerste Essen?‘ Das helfe dabei, sich nicht in irgendetwas rein zu steigern.

Weiter nach unseren Werten leben

„Ich verstehe, wenn einige nach dem schlimmen Attentat in Solingen aufmerksamer sind. Ich finde aber, wir sollten uns das Feiern nicht nehmen lassen, denn dann hätte der Attentäter ja sein Ziel erreicht“, stellt Karsten Klein, FDP-Bundestagsabgeordneter, klar. Und auch andere Politiker aus unserer Region haben eine deutliche Meinung. „Der Extremismus ist eine Bedrohung, aber in Bayern wird alles getan, was möglich ist, um die Bürger zu schützen“, so der CSU-Landratsabgeordneter Prof. Dr. Winfried Bausback. Es sei wichtig, dass die Polizei weiterhin so ausgerüstet wird, dass sie der potenziellen Bedrohung entgegentreten kann. Ähnlich sieht es SPD-Landratsabgeordnete Martina Fehlner, für die die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität hat: „Wir müssen unsere Werte verteidigen und alles dafür tun, dass sich die Menschen sicher fühlen.“

Das sagen die Leser in Miltenberg und Aschaffenburg: Fühlen Sie sich nach Solingen noch sicher?

Fabian Pieperhoff aus Miltenberg:

KW35 UMF Michaelismesse Fabian Pieperhoff

„Angst habe ich nicht. Wir haben polizeilichen Schutz und einen guten Zusammenhalt.“


Wolfgang Zöller aus Eisenbach:

KW35 UMF Michaelismesse Wolfgang Zoeller

„Wenn ich Sorgen hätte, dürfte ich ja gar nicht mehr aus dem Haus gehen. Früher hat man das gar nicht immer mitbekommen, wenn so etwas passiert ist. Aber heute sind solche Ereignisse tagelang in den Medien, da kann ich verstehen, dass die Leute vorsichtiger sind.“


Karin & Dieter Schulmeyer aus Großostheim:

KW35 UMF Michaelismesse Karin Dieter Schulmeyer

„Wir sollten uns unsere Feste nicht vermiesen lassen. Gerade so ein Traditionsfest wie die Michaelismesse dürfen wir uns nicht nehmen lassen.“


Andreas Schmitt aus Eichenbühl:

KW35 UMF Michaelismesse Andreas Schmitt

„Ich habe das schon im Hinterkopf. Trotzdem darf man sich nicht unterkriegen lassen und sollte die Feste feiern.“


Nadine Kurt aus Rück-Schippach:

KW35 UMF Michaelismesse Nadine Sophie Kurt

„Natürlich mache ich mir Gedanken. Aber es sind Ferien, da wollen wir mit den Kindern ja auch was Schönes unternehmen.“


Melanie Seidel aus Schmachtenberg:

KW35 UMF Michaelismesse Melanie Seidel

„Ich bin da schon beunruhigt, nicht nur auf Festen, sondern auch im Alltag, zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln. Daheim verstecken ist aber auch keine Lösung.“


Karin Passow aus Kleinheubach, Edeltraut Fecher aus Niedernberg:

KW35 UMF Michaelismesse Karin Passow Edeltraut Fecher

„Wir dürfen uns das nicht kaputt machen lassen, die Politik muss handeln. Auch in ernsten Zeiten dürfen wir das Feiern nicht vergessen.“


Anne S. aus Leidersbach:

KW35 UMF Michaelismesse Anne S

„So eine Großveranstaltung kann man ja nicht zu 100 Prozent absichern. Passieren kann immer was.“


Svenja Leis aus Wörth, Caro Wurtinger aus Mömlingen:

KW35 UMF Michaelismesse Svenja Leis Caro Wurtinger

Michelsmesse, um Spaß zu haben und abzuschalten. Gerade wenn auf der Welt so viel los ist, nutzen wir die Zeit hier, um den Kopf frei zu bekommen.“


Clarissa Schulz und Selina Orth aus Wörth:

KW35 UMF Michaelismesse Clarissa Schulz Selina Orth

„Es fühlt sich alles so an wie immer, wir fühlen uns wohl.“