Kleiner Laden, großes Drama!
ASCHAFFENBURG (mg). Ein junger Gründer, eine innovative Geschäftsidee und ein leerstehender Laden direkt gegenüber vom Aschaffenburger Hauptbahnhof: Das klingt zunächst nach einem Vorzeigebeispiel für Unternehmergeist und Innenstadtbelebung. Rund um die Uhr können Kunden dort am Automaten Snacks, Getränke und andere Artikel kaufen - ganz ohne Personal. Das Modell boomt bundesweit. Doch was andernorts als Erfolgsgeschichte gefeiert würde, droht in Aschaffenburg zur Existenzfrage zu werden - denn das Ordnungsamt der Stadt hat einen anderen Blick auf die Dinge.
Seit November 2024 rollt eine Welle von Bußgeldbescheiden auf den Geschäftsführer Vasileios Cholidis zu. Der Vorwurf: Betrieb außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten. „Die Stadt Aschaffenburg hält die Öffnung des Automatenkiosks während der Nacht und an Wochenenden für unzulässig. Sie steht auf dem Standpunkt, dass es sich um einen Laden handele, der nach dem Ladenschlussgesetz außerhalb der im Gesetz festgelegten Zeiten nicht geöffnet werden dürfe“, sagt Rechtsanwalt Norbert Monßen, der den Betreiber vertritt. Mittlerweile laufen acht Bußgeldverfahren. Für das Geschäft ist der wirtschaftliche Schaden bereits jetzt erheblich. „Der Großteil unseres Umsatzes entsteht abends und am Wochenende. Damit wäre unser Konzept komplett hinfällig“, so Inhaber Cholidis. Hinzu kommen der enorme bürokratische Aufwand und der psychische Druck.
Wer ist im Recht?
Der Ladeninhaber argumentiert, dass der Automatenkiosk nicht unter das Ladenschlussgesetz falle. Derzeit herrscht darüber noch eine gewisse Diskussion, da es unterschiedliche Auslegungen zum Begriff „Verkaufsstelle“ im Ladenschlussgesetz gibt. „Allerdings gibt der Vollzugshinweis des Bayerischen Ministeriums für Familie und Soziales seit 01.09.2021 einen Auslegungshinweis für digitale Kleinstsupermärkte bis 100 m² Verkaufsfläche. Für diese gelten die Ladenschlusszeiten nicht“, erklärt uns Uta Wandera, Verbandsjuristin Recht, Arbeit, Soziales vom Handelsverband Bayern e.V.. Die Ladenfläche des Automatenkiosk „C & M Snackpoints“ liegt unter der genannten Grenze. Auch gibt es kein Personal, das nach den gesetzlich geregelten Öffnungszeiten im Laden arbeitet und somit vor Überlastung geschützt werden müsste. Der Automatenshop ist sehr beliebt – gerade weil er unkompliziert, schnell und jederzeit zugänglich ist.
Neue Regelung naht
Dabei ist der politische Wille zur Veränderung längst vorhanden: Noch 2025 will die bayerische Landesregierung ein neues Landesladenschlussgesetz verabschieden, das digitale Kleinstsupermärkten wie dem von C & M Snackpoints den 24/7-Betrieb erlaubt. Doch die Stadt Aschaffenburg will nicht bis dahin untätig bleiben. „Erst nach Einführung des Bayerischen Ladenschlussgesetzes ist eine Öffnung rund um die Uhr und an Sonntagen möglich“, so Carla Diehl Pressesprecherin der Stadt. Der Hinweis durch den Geschäftsführer, dass im Umland zahlreiche ähnliche Konzepte ohne Probleme betrieben werden (z. B. „Teo“-Märkte in Sailauf oder Großostheim), wird ignoriert – mit Verweis auf eine andere Zuständigkeit, berichtet er uns. Was bleibt, ist das Bild einer städtischen Verwaltung, die sich in Paragrafen verrennt – und dabei den eigentlichen Sinn der Gesetze aus den Augen verliert. Statt Gründermut zu fördern, wird hier offenbar ein funktionierendes Geschäftsmodell mit aller Macht bekämpft. Und das, obwohl ein neues Gesetz bereits vor der Tür steht.