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„Leint Eure Hunde an!“

22.06.2025, 05:30 Uhr in PrimaSonntag
Collage Rehe 250622

WÖRTH/BAYER. UNTERMAIN (jdw.) Es war an Pfingstmontag, als Ingrid Kempf, Vorsitzende der Rehkitzrettung Wörth, auf einer Wiese an der Landesgrenze zwischen Bayern und Hessen entlangspazierte. Dort entdeckte sie etwas, das selbst erfahrene Tierschützer kalt den Rücken herunterlaufen lässt: ein kleines Rehkitz, schwer verletzt mit Schädelfraktur, Kieferbruch und einer Bisswunde am Kopf. Die Spuren sprachen eine deutliche Sprache - es waren Bisspuren eines Hundes. „Wir mussten es erlösen“, sagt Ingrid Kempf. „Dann einen Tag später im gleichen Gebiet wurde wieder ein Reh gefunden mit ähnlichen Spuren“, sagt Kempf merklich betroffen.

Ingrid Kempf ist sich sicher, dass es kein Wildtier war. „Wir haben es auch schon mit Fachleuten abgeklärt. Auch wenn die Vermutung sehr nahe liegt, dass es Beutetiere gewesen sind. Aber ein Wolf oder Fuchs beißt nicht zu und lässt es liegen. Die töten ja nicht zum Spaß, sondern zum fressen.“ Die Tiere beißen in die Kehle und schleppen ihr Fressen weg.

Freiheit mit Folgen

Die Rehkitzretter dokumentieren ihre Einsätze. Videos, die wir zu sehen bekommen, sind schwer anzuschauen: ein kleines Kitz, schwer verletzt im hohen Gras liegend - man kann beobachten, wie es noch zuckt. Ein Anblick, der unter die Haut geht. „Wir haben lange überlegt, ob wir das zeigen sollen“, so Kempf. „Aber vielleicht ist das genau das, was es braucht, damit etwas passiert.“ Sie ist selbst Hundebesitzerin, richtet aber einen Appell an alle, die einen oder mehrere Hunde haben „Ich bin Hundefreund. Aber man sollte sie an die Leine nehmen.“ Selbst, wenn ein Hund nur spielen möchte kann das Ergebnis tödlich sein. Kempf erklärt, dass nur der fremde Geruch reicht, wenn der Hund das Kitz lediglich mit der Nase berührt oder ableckt, der die Mutter dazu bringt, die Kitze, also ihre Kinder, abzustoßen. So war es auch in einem anderen Fall, von dem Kempf erzählt: Zwei Rehkitze wurden gefunden - eines der beiden war schon tot - verhungert - sein Geschwisterchen lebte noch und wird derzeit aufgepäppelt.


Leinenpflicht?
Hessen Ja - Bayern Nein

Während es in Hessen eine Leinenpflicht für öffentlichen Anlagen, vor allem während der Brutzeit vom 1. März bis zum 30. Juni für alle Hunde gibt, ist in Bayern keine einheitliche, klare Leinenpflicht geregelt, es besteht eher ein Flickenteppich aus kommunalen Einzelfallregelungen. In Aschaffenburg dürfen Hunde beispielsweise in weiten Teilen des Stadtgebiets frei laufen. Nur in Grünanlagen und in der Fasanerie gilt eine Leinenpflicht. In Miltenberg dagegen müssen Hunde in der Innenstadt, auf Spielplätzen, in Parks oder auf Veranstaltungen angeleint sein - sofern die jeweilige kommunale Satzung das vorsieht. Aber: Auf Feld- und Waldwegen ist das Anleinen nur Pflicht, wenn der Hund nicht abrufbar ist oder Wildtiere gefährdet. Hinzu kommt: Kleine Hunderassen (unter 50 cm Schulterhöhe) sind grundsätzlich von der Leinenpflicht ausgenommen - eine Regelung, die für viele Experten nur schwer nachvollziehbar ist. Denn: Auch kleine Hunde jagen. Auch kleine Hunde verletzen. Für ein Rehkitz macht es keinen Unterschied, wie groß der Angreifer ist. „Uns ist wichtig, dass wir die Hundehalter nicht verallgemeinern wollen - der Hund kann nichts dafür. Der hat diesen natürlichen Hetz- und Jagdinstinkt und wenn der was rennen sieht, rennt er hinterher. Da kann man für keinen Hund die Hand ins Feuer legen“, so Die Tierschützerin. „Ich spreche auch die Hundehalter an. Macht sie doch bitte an die Leine. Es ist Brut- und Setzzeit. Ihr rettet dadurch kleinen Rehkitzen das Leben.“


Das sagen unsere Leser

Silvia Peschka aus Klingenberg

KW25 Rehkitz in Woerth 3

„Ich denke, ein Haushund, der in die Familie integriert ist, wird von sich aus kein Wildtier angreifen. Ich finde es schade, wenn so etwas passiert, aber ich denke es war ein Hund, der schon gestört ist oder eben keinen Familienanschluss hat.“

Wolfgang Ramp-Burgner aus Wörth

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„Dass Hunde unangeleint hier rumlaufen, finde ich nicht so toll, weil hier auch viele Leute mit Kindern sind, die natürlich tierische Angst haben, wenn ein Hund auf sie zugerannt kommt. Ob der etwas macht oder nicht, ist egal, die Kinder erschrecken trotzdem, deshalb gehören sie an die Leine. Vor allem zu dieser Jahreszeit soll ein Hund angeleint sein, dann passiert sowas nicht. Ich habe meinen Hund früher immer angeleint, wenn wir draußen in der Natur unterwegs waren.“

Lisa Dann aus Mespelbrunn

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„Da es vielleicht auch ein Jagdhund gewesen sein könnte, muss einem bewusst sein, dass die ihren natürlichen Jagdtrieb haben. Ein Hund ist ein Hund. Eine Anleinpflicht ist natürlich super wichtig, aber ein Hund muss auch die Möglichkeit haben, mal frei herum laufen zu dürfen.“

Birgit Taudte aus Obernau

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„Ich leine meinen Hund an, solange Brutzeit ist. Wir haben an dem Feld, an dem wir wohnen, etwa vierzig Rehe und die haben auch entsprechend Nachwuchs. Mein Hund folgt aber auf das Wort und hat keinen Jagdtrieb. Wenn man weiß, dass der eigene Hund einen Jagdtrieb hat, kann man den auch in bestimmten Hundeschulen gezielt abtrainieren.“

Susanne Deig aus Aschaffenburg

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„Ich habe auch einen Hund, der läuft nur hinter mir her, wenn der ein Rehkitz sieht, dreht er sich um und macht gar nichts. Es gibt aber auch Hunde die da nicht so sind. Es müsste aber auch geguckt werden, dass schlechte Hundeführer einen Hundeführerschein machen, so dass nicht nur der Hund einen Eignungstest macht, sondern auch das Herrchen.“

Lea aus Aschaffenburg

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„Grundsätzlich finde ich es stressig, wenn Leute unsicher mit ihren Hunden sind. Ich finde es ganz cool, wenn es einen Park gibt, wo man ohne Leine gehen kann. Trotzdem sollten sich viele Leute besser einschätzen und wenn man weiß, dass der Hund jagt, dann ist das Anleinen selbstverständlich.“