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DRB-Sportdirektor Jannis Zamanduridis aus Krombach im Interview

13.08.2023, 06:30 Uhr in PrimaSonntag
Ringen Jannis

KROMBACH (mg). Den Bayerischen Untermain als Ringerhochburg zu bezeichnen, ist fast schon einen Untertreibung. Jahrzehntelang dominierten die hiesigen Sportler und Vereine die Matten in ganz Deutschland, auch heute ist das noch der Fall. Einer der diese Zeit mitgeprägt hat und den Ringersport aus jeglichen Blinkwinkeln miterleben durfte, ist Jannis Zamanduridis aus Krombach. Der ehemalige Profiringer ist mittlerweile Sportdirektor des Deutschen Ringer-Bundes. Mit PrimaSonntag sprach er über seine Karriere und die aktuelle Lage des Sports in unserer Region.

„Eigentlich wollte ich damals schon meine Karriere beenden“, erzählt Jannis Zamanduridis über ein Gespräch mit dem damaligen Ringerbundestrainer Heinz Ostermann vor der Weltmeisterschaft 1990. Der heute 57-Jährige wuchs in der DDR auf, dominierte dort seine Gewichtsklasse und gewann bei internationalen Turnieren auch gegen Olympiasieger und Weltmeister. Trotzdem wurde er bei Nominierungen für Deutschland nie berücksichtigt. „Das waren rein politische Entscheidungen. Da sind dann Athleten von Polizei- oder Armeesportclubs in anderen Gewichtsklassen denen aus den Zivilsportclubs vorgezogen worden.“ Im Jahr 1990 sollte sich dann aber alles ändern: Nach der Wiedervereinigung gab es zum ersten Mal eine gesamtdeutsche Ringermannschaft. Zamanduridis rief beim Bundestrainer an und erkundigte sich, aber die Antwort lautete: „Jannis, so einer wie du gehört normal zu einer Weltmeisterschaft, aber ich habe den amtierenden Weltmeister in deiner Gewichtsklasse.“ Claudio Passarelli gelang 1989 im Leichtgewicht der ganz große Erfolg und blockierte damit den Platz für Jannis. Der damals 24-Jährige akzeptierte die Entscheidung des Trainers und setzte einen Haken hinter seinen Traum. Doch dann verletzte sich Passarelli in der unmittelbaren Turniervorbereitung, Jannis rückte als Ersatzmann nach und gewann prompt die Silbermedaille.


Weg in den Kahlgrund
„Der Weg hierher war eigentlich fast zwangsläufig“, erklärt Zamanduridis. Sein Verein und sein Studiengang wurden aufgelöst und er brauchte sportlich als auch beruflich eine neue Perspektive. Die fand er in unserer Region: „Die Mömbriser waren die Ersten, die mich angesprochen haben.“ 1990 wechselte er zur RWG Mömbris-Königshofen. Schnell wurde er zum Liebling der Fans und zwischen 1991 und 1996 fünfmal Deutscher Meister. Danach ging es über die Stationen Goldbach und Schaafheim nach Köllerbach, wo er seine Karriere ausklingen ließ. Dem Kahlgrund blieb er aber treu, noch heute lebt Zamanduridis in Krombach.

Späte Olympiachance
„Obwohl ich viele Jahre in der Weltspitze mitgerungen habe, hab ich es nie geschafft, zu den Olympischen Spielen zu fahren. 1988 war es wieder eine sportpolitische Entscheidung, ich hatte mich eigentlich schon qualifiziert, bin aber dann doch zu Hause geblieben. 92 holte ich die Olympia-Qualifikation für Barcelona, aber hinfahren durfte dann doch Passarelli.“ Nach der WM 1995 beendete Zamanduridis 1996 seine internationale Ringer-Karriere. In der Bundesliga bezwang er aber regelmäßig noch Topleute und so öffnete sich acht Jahre nach seinem Rücktritt doch noch die Tür zum Ringer-Olymp: „2003 gab es einen Gewichtsklassenwechsel und in der Klasse bis 66-Kilo sah ich eine Chance. Ich hab mit dem Trainer gesprochen, nochmal angegriffen und mich national durchgesetzt.“ Bei der WM sicherte er sich die Qualifikation und fuhr dann mit 38 Jahren zu den Olympischen Spielen nach Athen. „Das kann man sich gar nicht vorstellen. Das ist eine ganz andere Dimension als eine Weltmeisterschaft. Ich war mental völlig überfordert, das war eine komplette Reizüberflutung. Da hab ich gemerkt, dass man manchmal den ein oder anderen Anlauf braucht, um mit den Gegebenheiten vor Ort klarzukommen.“ Wochen zuvor hatte Jannis noch den späteren Olympiasieger in einem Turnier in Polen besiegt, in der griechischen Hauptstadt reichte es dann immerhin für den siebten Rang.

Ringerhochburg Untermain
Seit 2013 ist der ehemalige Greco-Athlet Sportdirektor des Deutschen Ringer-Bundes. Durch seine vorherigen Stationen als Leistungssportler und Bundestrainer kennt er den Sport aus allen Blickwinkeln. „Als Dienstvorgesetzter der Bundestrainer bin ich sozusagen Bindeglied zwischen dem Vorstand und den Trainern. Außerdem bin ich Ansprechpartner für alle Institutionen im Leistungssport in Deutschland.“ Die Vereinsstruktur an der Ringerhochburg Untermain hat sich seit seiner aktiven Zeit deutlich verdünnt. Vereine wie Goldbach, Hösbach-Damm und Mömbris-Königshofen sind damals aus der Bundesliga verschwunden. Mit Kleinostheim und Hösbach gibt es noch zwei Vereine, die zu den Besten des Landes gehören. Dennoch ist die Nachwuchsentwicklung weiterhin Knackpunt für langfristige Erfolge: „Das ist das A- und O. Es gibt genügend junge Menschen, die Sport treiben möchten, aber die müssen eben auch gefördert werden. Wir dürfen nicht nur Athleten von woanders herholen. Es gibt Vereine, die gute Nachwuchsarbeit betreiben, aber es muss in der Breite viel stärker erfolgen.“

„Glück gehört auch dazu“
Mit der WM im kommenden September und Olympia 2024 stehen für die Ringer zwei riesen Events vor der Tür. Viele der Athleten, die die zuletzt sehr erfolgreichen Spiele in Tokio geprägt haben, sind mittlerweile im Ruhestand. „Es gab so bisschen einen Generationenwechsel. Wir haben noch den ein oder anderen erfahrenen Athleten aber eben auch viele junge.“ Mit Blick auf die kommenden Turniere ist die Erwartungshaltung also nicht gerade hoch, für die jungen Athleten wird es schwer werden sich durchzusetzen. Pascal Eisele, Tim Müller und Niklas Dorn sind Ringer aus unserer Region denen Zamanduridis Chancen zuspricht. „Pascal Eisele kommt aus einer langen Verletzung, ist von der 77-Kilo in die 87-Kiloklasse gewechselt und wird bei der Weltmeisterschaft noch nicht starten können - da muss man einfach mal schauen. Wir haben mit Niklas Dorn einen Athleten, der hier seine Chancen sucht, sich durch die Weltmeisterschaft zu qualifizieren und mit Tim Müller haben wir einen Mann, der bei der Deutschen Meisterschaft überzeugt hat, aber auch in einer bärenstarken internationalen Gewichtsklasse antritt.“ Eine gute Konstellation sei der Schlüssel, alle drei haben laut dem Sportdirektor das Potenzial für eine Überraschung zu sorgen. „Ein wenig Glück gehört aber auch dazu“, so Zamanduridis abschließend.