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Erhöhung der Kreisumlage im Kreis Offenbach unvermeidbar!

07.12.2021, 10:39 Uhr in Primaveraland
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KREIS OFFENBACH. Landrat Oliver Quilling, Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger und Kreisbeigeordneter Carsten Müller haben am Dienstag den Entwurf des Haushaltsplans für das Jahr 2022, der in der morgigen Kreistagssitzung eingebracht wird, vorgestellt. „Der Haushalt 2022 wird durch Rekorde geprägt“, erläutern die drei Dezernenten. „Zunächst einmal haben wir eine Bemessungsgrundlage, die noch nie so hoch war. Das Gewerbesteueraufkommen in den 13 Kommunen liegt im maßgeblichen Zeitraum bei über 311 Millionen Euro. Das sind annähernd 70 Millionen mehr als der bisherige Spitzenwert, der für den Haushalt 2020 bei rund 241,9 Millionen Euro lag. Was eigentlich wie ein Grund zu Optimismus in der Haushaltsplanung klingt, hat negative Auswirkungen auf die Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich. Ein weiterer Rekord sind die Ausgaben in der Sozial- und Jugendhilfe. So steigen die Leistungen für Jugend und Soziales um 15,8 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr auf 350,8 Millionen Euro.“

Kreis- und Schulumlage
Angesichts dieser Entwicklungen ist es, um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, erforderlich, die Kreisumlage zu erhöhen. Der Hebesatz der Kreisumlage wird im kommenden Jahr bei 34,32 Prozent liegen, ein Plus von 2,5 Prozentpunkten. Daraus ergeben sich knapp 245 Millionen Euro Einnahmen. Gesenkt werden kann hingegen die Schulumlage. Diese wird bei 16,74 Prozent liegen, ein Minus von 2,16 Prozentpunkten. Dies ist trotz steigender Investitionen in die Schulen möglich, weil die Bemessungsgrundlage so hoch wie noch nie ist. Rund 119,5 Millionen Euro fließen dadurch zweckgebunden in die Kreiskasse. Insgesamt ergibt sich daraus eine Mehrbelastung für die Kommunen von 0,34 Prozentpunkten. Die gesamte Umlage beträgt 51,06 Prozent im kommenden Jahr – zum Vergleich: 50,72 Prozent im Jahr 2021, 50,88 Prozent im Jahr 2020 und 52,66 Prozent im Jahr 2019. Im Vergleich der Landkreise innerhalb des Regierungspräsidiums Darmstadt liegt die Umlagenhöhe des Kreises Offenbach im Jahr 2022 im Mittelfeld.

Ergebnishaushalt
Der Kreis rechnet im Ergebnishaushalt mit Erträgen in Höhe von 733,5 Millionen Euro im Jahr 2022 sowie Aufwendungen in fast gleicher Höhe. Die Summe der Erträge übersteigt die Summe der Aufwendung nur um die Höhe des Jahresergebnisses von 14.629 Euro. Der Haushalt ist damit knapp ausgeglichen.

Die ordentlichen Erträge steigen im Haushalt 2022 gegenüber dem Vorjahr um fast 38 Millionen Euro. Aus dem kommunalen Finanzausgleich erhält der Kreis in Form der Kreisschlüsselzuweisung im kommenden Jahr nur 59,6 Millionen Euro und damit 17,8 Millionen Euro weniger als im aktuellen Haushaltsjahr. Aus der Kreisumlage fließen im Jahr 2022 245 Millionen Euro in die Kreiskasse (zum Vergleich: 198,2 Millionen Euro im Jahr 2021). Die Schulumlage, die kostendeckend erhoben wird, ist mit 119,5 Millionen Euro im Jahr 2021 kalkuliert.

Die ordentlichen Aufwendungen steigen um rund 41,5 Millionen Euro vom laufenden zum kommenden Jahr. Die Transferaufwendungen gehen weiter nach oben: Im Jahr 2022 sind 350,8 Millionen Euro veranschlagt. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 lagen diese noch bei knapp 295 Millionen Euro. Die Umlageverpflichtungen steigen von 79,4 Millionen Euro im Jahr 2021 auf knapp 92,5 Millionen Euro im Jahr 2022. Insbesondere an den Landeswohlfahrtsverband (kurz: LWV) fließen im kommenden Jahr 84,9 Millionen Euro, in diesem Jahr waren es noch 72,9 Millionen Euro. Gründe sind einerseits die durch das erhöhte Steueraufkommen gestiegene Bemessungsgrundlage. Andererseits steigt der Hebesatz an, weil eine erhebliche Zunahme an Fällen der Eingliederungshilfe hessenweit festzustellen ist. Die Kosten für Sach- und Dienstleistungen bleiben etwa auf dem Niveau dieses Jahres. Es sind knapp 117 Millionen Euro kalkuliert. Dabei spiegeln sich die konsequenten Bemühungen, Kosten einzusparen, wider. Neben steigenden Kosten unter anderem für Mieten gibt es aber auch sinkende Kosten für das Facility Management an den Schulen.

Die Personalkosten schlagen mit rund 65,6 Millionen Euro im kommenden Jahr zu Buche, das sind rund vier Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Dies resultiert vorrangig aus 149 neu geschaffenen Stellen. Viele der Beschäftigten sind bereits befristet für die Kreisverwaltung tätig. Diese Stellen werden nun dauerhaft geschaffen, beispielsweise im Öffentlichen Gesundheitsdienst.

Finanzhaushalt
Im investiven Bereich stehen Einzahlungen in Höhe von 13,4 Millionen Euro Auszahlungen in Höhe von 66,8 Millionen Euro gegenüber. Daraus folgt eine Neuaufnahme von investiven Krediten in Höhe von 53,3 Millionen Euro. Die investiven Einzahlungen setzen sich im Wesentlichen aus Fördermitteln in Höhe von 1,9 Millionen Euro aus dem Kommunalinvestitionsprogramm I und II des Landes Hessen, 4,7 Millionen Euro aus dem Digitalpakt Schule sowie 6,6 Millionen Euro für den Breitbandausbau zusammen.

Mehr als 46 Millionen Euro sind für Investitionen in Schulen veranschlagt. Für den Breitbandausbau sind noch 7,3 Millionen Euro im kommenden Jahr vorgesehen. Für den Neubau eines Rettungszentrums am vorhandenen Standort in Dietzenbach sind 7,9 Millionen Euro eingeplant. Auch in die

Verkehrsinfrastruktur wird investiert – so sind 1,9 Millionen Euro im Haushalt 2022 als Zuschuss für die Regionaltangente West vorgesehen.

Zu einzelnen Positionen
Schule und Bildung sind die wichtigsten Themen des Kreises und das spiegelt sich auch im Haushalt 2022 wider. Für den laufenden Betrieb der Schulen sind über 119 Millionen Euro kalkuliert. Darunter fallen etwa 6,6 Millionen Euro Kosten für die Schülerbeförderung, die um 1,2 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr steigen. Über drei Millionen Euro zusätzlich sind für die Bereitstellung von Interimsbauten zur vorübergehenden Deckung von zusätzlichem Raumbedarf vorgesehen. Annähernd eine Million Euro sind außerdem ab Sommer 2022 für den Ausbau der Jugendsozialarbeit an Schulen eingeplant. Der Großteil der Aufwendungen entfällt jedoch auf die Leistungen für das Facility Management, den Betrieb und die Unterhaltung der Schulen. Im Jahr 2022 sind Kosten in Höhe von 50,8 Millionen Euro kalkuliert, dies sind gut vier Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr. Diese positive Entwicklung gelingt, ohne an der Qualität der Leistung zu sparen.

Steigende Schülerzahlen, Ausbau der Ganztagsbetreuung und die Digitalisierung sorgen für einen Investitionsbedarf von über 46 Millionen Euro. Mit zehn Millionen Euro ist der größte Einzelbetrag für den Neubau der vierten Grundschule in Heusenstamm vorgesehen, gefolgt von acht Millionen für die Erweiterung der Sonnenblumenschule in Langen. Für weitere Anschaffungen von Hardware im Rahmen des Digitalpaktes sind 5,9 Millionen Euro geplant.

„Die größte Position des Investitionsprogramms sind weiterhin die Schulen“, betont Landrat Oliver Quilling. „Wir sind weiterhin dabei die Aufgaben aus dem Schulentwicklungsplan abzuarbeiten, darunter zum Beispiel der Neubau der vier neuen Grundschulen in Heusenstamm, Langen und zwei in Mühlheim. Dazu kommt der Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung, der ab dem Jahr 2026 schrittweise umgesetzt wird. Auch dafür stellen wir bereits im kommenden Jahr die Weichen. Dabei gilt es aber auch Herausforderungen zu meistern. Bei vielen Baustellen merken wir die gute konjunkturelle Lage sowie die Lieferschwierigkeiten allerdings deutlich.“

Digitalisierung hat nicht nur in den Schulen Priorität. Auch in der Kreisverwaltung steht dies auf der Agenda. Die Kosten für die Hard- und Software innerhalb der Verwaltung steigen dadurch um rund 530.000 Euro. „Bis Ende 2022 soll bundesweit das Online-Zugangsgesetz umgesetzt werden“, erläutert Landrat Oliver Quilling. „Demnach haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf digitale Erledigung ihrer Anliegen in der Verwaltung. Parallel zum Normalbetrieb forcieren wir dies. Daraus ergeben sich dann auch neue Möglichkeiten des mobilen Arbeitens für die Beschäftigten“

Immer mehr an Bedeutung gewinnt das Thema Klimaschutz. Im Stellenplan 2022 ist Personal für die Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz vorgesehen. „Der wichtigste Beitrag zum Klimaschutz ist bei uns im dicht besiedelten Kreis Offenbach das Thema Mobilität“, so Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger.

Mobilität ist darüber hinaus ein wichtiger Standortfaktor. „Der Ausbau der Infrastruktur mit dem Schwerpunkt auf dem Öffentlichen Personennahverkehr ist eine der zentralen Aufgaben in den kommenden Jahren“, betont Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger. „Mit der Erweiterung des Hopper-Gebietes schaffen wir eine zusätzliche Steigerung der Attraktivität des ÖPNV. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Ausbau des Radwegenetzes. Beim Radschnellweg von Darmstadt nach Frankfurt machen immer mehr gebaute Kilometer Lust auf mehr. Zusätzlich wird aktuell unter Federführung des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain in enger Abstimmung und Kooperation mit den jeweiligen Kommunen eine Machbarkeitsstudie erstellt. Die idealen Trassenführungen des FRM 8 von Hanau über Mühlheim und Offenbach nach Frankfurt und des FRM 9 von Seligenstadt über Rodgau und Dietzenbach zum Flughafen werden derzeit geprüft.

Der Jugendetat ist von den Folgen der Corona-Pandemie geprägt. Bundesweit steigen die Fallzahlen deutlich, auch im Kreis Offenbach. Die Fallzahlen entwickeln sich in der Sozialpädagogischen Familienhilfe stark nach oben. Fast 100 neue Fälle wurden innerhalb eines Jahres registriert. Etwa 130 neue Fälle sind in der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte oder von Behinderung bedrohten Kindern und Jugendlichen zu verzeichnen. Die Kosten pro Fall liegen zwischen 11.000 und 165.000 Euro im Jahr und sind abhängig von der Laufzeit und des Umfangs des Unterstützungsbedarfs. Ähnlich verhält es sich bei der Hilfe für junge Volljährige. In Summe aller Ansätze macht dies Mehrkosten in Höhe von zwölf Millionen Euro. 400.000 Euro mehr kalkuliert der Kreis im kommenden Jahr für Gerichtskosten aufgrund fehlender Plätze in Krippen und Kindertagesstätten ein.

„Im Jugendamt spüren wir die Auswirkungen der Pandemie besonders“, sagt Kreisbeigeordneter Carsten Müller. „Die Zahl der Familien, die Hilfe benötigen, steigt. Gleichzeitig sind Einzelmaßnahmen oft sehr kostenintensiv. Um dem frühzeitig zu begegnen, haben wir das Projekt „Frühe Hilfen“ verstetigt. Zusätzlich beginnen wir im kommenden Jahr mit einer flächendeckenden Jugendsozialarbeit an den Schulen. So wollen wir es langfristig schaffen, möglichst frühzeitig gegenzusteuern.“

Die Kostensteigerung im Sozialetat gehen im Wesentlichen auf gestiegene Transferleistungen zurück. Die Aufwendungen für Leistungen nach dem SGB IX und SGB XII steigen weiter. Es werden Mehrausgaben allein im Bereich SGB IX in Höhe von 1,2 Millionen Euro im Jahr 2022 kalkuliert. Dazu kommen weiterhin hohe Fallzahlen bei der Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und dauerhafter Erwerbsminderung. Die Ausgaben dafür werden auf 41,4 Millionen Euro geschätzt. Abzüglich der Bundesbeteiligung verbleiben rund 4,9 Millionen Euro als Eigenanteil beim Kreis Offenbach. Bei den Leistungen nach dem SGB II ergeben sich Mehrkosten in Höhe von 3,7 Millionen Euro, die nicht erstattet werden. Ursachen sind eine höhere Anzahl an Bedarfsgemeinschaften sowie ein weiterer Anstieg der Mietkosten im Rhein-Main-Gebiet und der Nebenkosten durch steigende Energiepreise. Die Gesamtaufwendungen für Leistungen nach dem SGB II belaufen sich auf 180,5 Millionen Euro, im Vergleich zum Jahr 2021 ein Plus von 7,3 Millionen Euro.

Besonders zu Buche schlägt die Erhöhung der LWV-Umlage. Durch das Bundesteilhabegesetz sind neue Leistungsansprüche geschaffen worden. Hinzu kamen jährliche Steigerungen der Fallzahlen beim LWV. Dies führt zu einem höheren Umlagebedarf, der sich mit einem Plus von zwölf Millionen Euro massiv auswirkt.

„Wir haben im Sozialetat nur wenig Handlungsspielraum“, erklärt Sozialdezernent Carsten Müller. „Eingliederungshilfe, Sozialhilfe sowie die Hilfe für Flüchtlinge und Asylbewerbende sind gesetzliche Leistungen. Wer bedürftig ist, hat einen Anspruch auf soziale Leistungen. Die Mittel vom Bund und Land reichen bei uns nicht aus, denn im Ballungsraum sind die Kosten für die Lebenshaltung auf sehr hohem Niveau. Zudem ist der Wohnungsmarkt so angespannt, dass kleine und oft angemessene Wohnungen kaum auf dem Markt zu finden sind.“

Stellenplan
Im Stellenplan sind für das kommende Jahr insgesamt 1.109 Stellen, die sich auf 226 Beamten- und 883 Angestelltenstellen verteilen, ausgewiesen. Viele der im Stellenplan 2022 insgesamt 149 neu abgebildeten Stellen sind bereits befristet besetzt. Rund 70 Stellen sind im Gesundheitsamt vorgesehen. Für die Unterstützung bei den administrativen Aufgaben in den Schulen sind 20 Stellen eingeplant. Diese etwa 90 Stellen sollen von Land beziehungsweise Bund durch die beiden Pakte refinanziert werden.

„Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig eine gut funktionierende Verwaltung ist“, sagt Landrat Oliver Quilling. „Innerhalb weniger Tage haben wir den gesamten Betrieb umstellen müssen. Viele Beschäftigte aus anderen Organisationseinheiten haben das Gesundheitsamt unterstützt und tun dies auch weiterhin. Aber es zeigt sich auch ganz deutlich, dass es immer schwieriger wird, gut ausgebildetes Personal zu gewinnen. Der Konjunkturklimaindex der Industrie- und Handelskammer sieht positiv in die Zukunft. Dies ist für uns als Standort sehr erfreulich. Aber für uns als Arbeitgeber bedeutet dies auch, dass der Wettbewerb um gutes Personal noch mehr zulegt, gerade in der Metropolregion FrankfurtRheinMain.“

Haushaltskonsolidierung
Der Kreis Offenbach setzt weiterhin auf das Haushaltssicherungskonzept als Leitlinie zur Haushaltssicherung, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit, auch wenn die gesetzliche Verpflichtung durch das Aufstellen eines ausgeglichenen Haushaltsplans entfallen ist. Mit den Maßnahmen der Haushaltssicherung wurden seit dem Jahr 2005 rund 141 Millionen Euro konsolidiert. Viele dieser Maßnahmen haben eine nachhaltige Wirkung auf den Haushalt, beispielsweise bei den Personal- und Versorgungsaufwendungen. Diese lägen im Jahr 2022 bei rund 94,4 Millionen Euro und damit rund 20,6 Millionen Euro über dem aktuellen Planansatz.

„Die Finanzierung der Kreise steht nicht auf soliden Füßen“, betont der Kämmerer des Kreises Offenbach, Kreisbeigeordneter Carsten Müller, abschließend. „Wir können trotz eines neuen Rekordes bei den Gewerbesteuern nicht alle Leistungen, zu denen wir verpflichtet sind, finanzieren. Nur durch die Erhöhung der Kreisumlage ist es uns möglich, einen ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2022 vorzulegen. Gerade im Sozialbereich bleiben wir auf „vielen Kosten sitzen“. Dies muss sich ganz schnell ändern, so dass wir als Kreis auch wieder Handlungsspielräume zurückgewinnen.“

Quelle: Kreis Offenbach

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