IG Bau sieht Defizit bei Wohnungsbau
OFFENBACH/ASCHAFFENBURG/KREIS ASCHAFFENBURG/KREIS MILTENBERG. Vom
Eigenheim bis zum Mehrfamilienhaus: Im Primaveraland wurden im vergangenen Jahr 2050 neue Wohnungen gebaut. Das teilt die
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) unter Berufung auf
aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes mit. Danach flossen in den Neubau
Investitionen in Höhe von rund 653 Millionen Euro. „Zusätzliche Wohnungen
sind ein wichtiger Beitrag gegen steigende Mieten. Wichtig ist dabei das
bezahlbare Segment. Und es kommt vor allem darauf an, dass im sozialen
Wohnungsbau noch mehr getan wird“, sagt Bruno Walle.
Der Bezirksvorsitzende der IG BAU Rhein-Main sieht insbesondere die Politik in
der Pflicht. Der Wohnungsbau in der Region könne nur dann Power zeigen, wenn in
Berlin und Wiesbaden die richtigen Weichen gestellt würden. „Die
Bundesregierung hat 400.000 neue Wohnungen pro Jahr versprochen. Ein Viertel
davon sollen Sozialwohnungen sein. Von diesem Ziel ist die Ampel-Koalition noch
weit entfernt. Hier ist aber auch die Landespolitik gefordert“, so Walle. Im
vergangenen Jahr sind laut Statistik bundesweit lediglich 293.400 neue
Wohnungen entstanden – 4,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Zudem erschweren
knappe Baumaterialien, steigende Energiepreise, Inflation und steigende
Bauzinsen derzeit den Neubau, so die Gewerkschaft. Hinzu kämen ein hoher
Fachkräftebedarf und unzureichende staatliche Förderungen.
Um vor allem „den lahmenden Bau von Sozialwohnungen voranzubringen“, schlägt
die IG BAU ein „Sonderpaket sozialer Wohnungsbau“ vor. Die Mehrwertsteuer
auf Sozialwohnungen solle von 19 auf sieben Prozent abgesenkt werden. Der Bau
einer staatlich geförderten Wohnung würde nach Angaben der Gewerkschaft so um
zehn Prozent günstiger. „Außerdem müssen Bund und Länder dringend das Baurecht
vereinfachen. Es wird höchste Zeit, dass Genehmigungsverfahren schlanker und
schneller werden. Zwischen Bauantrag und Baubeginn geht oft wertvolle Zeit
verloren“, betont Walle.
Der IG BAU-Bezirksvorsitzende verweist auf eine enorme Chance, um zusätzlichen
Wohnraum zu gewinnen: den Umbau bereits bestehender Gebäude. „In Offenbach
schlummert ein großes Potential in der Umnutzung von Altbauten. So lassen sich
bei vielen Wohngebäuden, Büro-, Geschäfts- und Parkhäusern Dachetagen
aufstocken. Dazu kommt – durch mehr Homeoffice – der Umbau von Büros zu
Wohnungen.“ Gerade auch mit Blick auf den steigenden Wohnraumbedarf für die
Menschen, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflüchtet sind, müssten alle
Möglichkeiten genutzt werden.
An die Adresse der heimischen Baubranche macht der Gewerkschafter deutlich:
„Viele Firmen suchen dringend Fachkräfte, um die Aufträge bewältigen zu können.
Aber qualifizierte Maurer und Zimmerleute gewinnt nur, wer anständige Löhne
zahlt und gute Arbeitsbedingungen bietet.“ Baubeschäftigte sollten sich nicht
unter Wert verkaufen und auf einer tariflichen Bezahlung bestehen. Genug zu tun
gebe es allemal, so Walle.
Quelle: PM IG Bau