Urlaubs-Start: Hotelpersonal im Primaveraland fehlt
PRIMAVERALAND. Viele Hotels im Primaveraland sind am Limit – und das zum Start der Urlaubssaison. Grund dafür ist Personalmangel. Das berichtet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Nicht nur am Flughafen herrscht akuter Personalmangel zum Start der Urlaubssaison – auch in den Hotels im Primaveraland fehlt es an Mitarbeitern. So seien laut NGG im Kreis Aschaffenburg 24 Prozent der mehr Stellen unbesetzt als noch vor der Corona-Pandemie. Im Kreis Miltenberg sind es sogar doppelt so viele! Dabei fehle es laut NGG anRezeptionistinnen, Köchen und Barkeepern sowie Service- und Reinigungskräften. Durch Lockdowns und Kurzarbeit hätten viele die Branche verlassen. Ibo Ocak von der Gewerkschaft fordert deshalb höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Kunden müssten auf der anderen Seite Verständnis für steigende Preise zeigen.
Pressemitteilung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Region Unterfranken
Hotellerie
am Limit: Zu Beginn der Hauptreisezeit fehlt in vielen Hotels und Wirtshäusern
im Kreis Miltenberg das nötige Personal. „Rezeptionistinnen, Köche, Barkeeper,
Service- und Reinigungskräfte werden händeringend gesucht. Ohne sie kann die
Branche in der wichtigsten Saison des Jahres nicht durchstarten“, sagt Ibo Ocak
von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Die NGG verweist auf eine
Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Danach zählte das Beherbergungsgewerbe
im Landkreis Miltenberg Ende Juni noch 18 offene Stellen – doppelt so
viele wie Mitte 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie (plus 100 Prozent). Im Kreis Aschaffenburg waren es Ende Juni noch 21 offene Stellen – 24 Prozent mehr als Mitte 2019.
„Für viele Hoteliers ist es aktuell einfacher, Gäste zu finden als Mitarbeiter.
Denn in der Folge von Lockdowns und Kurzarbeit haben etliche Beschäftigte ihre
Branche verlassen. Es kommt jetzt darauf an, Fachleute mit guten Konditionen zu
locken, um für die steigende Nachfrage nach Urlaubs- und Geschäftsreisen
gewappnet zu sein“, so NGG-Geschäftsführer Ocak.
Ein entscheidender Punkt sei die Bezahlung. Hier habe sich bereits einiges
getan: Mit dem neuen Tarifvertrag, den die Gewerkschaft mit dem Deutschen
Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ausgehandelt hat, steigen die Einkommen
in Bayern in diesem und nächstem Jahr um insgesamt bis zu 27 Prozent. Eine
gelernte Köchin mit drei Jahren Berufserfahrung kommt aktuell auf einen
Stundenlohn von 15,68 Euro. „Wichtig ist, dass sich die Unternehmen an den
Tarifvertrag halten. Beschäftigte, die in einem tarifgebundenen Betrieb
arbeiten, haben nicht nur beim Lohn die besseren Karten. Auch in puncto
Arbeitsbedingungen sind sie im Vorteil“, betont Ocak.
Gleichwohl sei hier „viel Luft nach oben“. Hotelangestellte arbeiteten oft
dann, wenn andere frei haben – nachts, am Wochenende oder an Feiertagen. Das
gehe zulasten von Familie und Freizeit. „Arbeitszeiten müssen im Sinne der
Beschäftigten organisiert werden“, fordert Ocak. Flexibilität dürfe keine
Einbahnstraße nur für die Firmen sein.
Der Gewerkschafter mahnt die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes an: „Auf die
vorhandenen Kräfte kommt eine hohe Mehrbelastung zu. Aber die gesetzlichen
Vorschriften, die die Mitarbeitenden schützen, dürfen nicht unterlaufen werden.
Dabei lassen sie genügend Spielräume, um Auftragsspitzen abzufedern. Ein
Herumexperimentieren am Arbeitszeitgesetz, wie es die FDP in den Berliner
Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat, ist nicht der richtige Weg.“ Darüber
hinaus ermögliche der in Bayern geltende Manteltarifvertrag für das Gastgewerbe
ein hohes Maß an Flexibilität.
Für die Beherbergungsbranche im Landkreis Miltenberg rechnet Ocak mit einer
hohen Auslastung für die kommenden Monate: „Nach fast zweieinhalb Jahren Corona
machen viele Menschen zum ersten Mal wieder richtig Urlaub. Der Tourismus im
eigenen Land steht dabei hoch im Kurs – gerade in Bayern. Hinzu kommen die
Geschäftsreisenden. Und auch manche verschobene Geburtstags- oder
Hochzeitsfeier wird nachgeholt.“ Damit die Pläne der Gäste nicht an fehlendem
Personal scheiterten, müsse die Branche für die Beschäftigten attraktiver
werden, ist Ocak überzeugt. Das gelinge nur, indem sich Löhne und
Arbeitsbedingungen verbesserten.
„Zwar ist klar, dass damit gerade für kleinere Betriebe die Personalkosten
steigen“, räumt der Gewerkschafter ein. Aber anders seien keine Menschen mehr
für den Job im Gastgewerbe zu gewinnen. Es komme darauf an, dass jetzt auch die
Kunden Verständnis zeigten. „Für ein sauberes Hotelzimmer und einen guten
Service sollte man bereit sein, etwas mehr auszugeben. Das gilt auch im
Restaurant. Ein Schnitzel für neun Euro ist heute nicht mehr machbar“, so Ocak.