• Frequenzen: 100,4 & 99,4 & 90,8
  • Funkhaus Tel 06021 – 38 83 0
  • Stauhotline 0800 – 66 66 400
  • Kontakt

On Air

Jetzt anhören

Kein Kreuz mehr im Klassenzimmer?

20.07.2025, 06:00 Uhr in PrimaSonntag
Collage Kruzifix 2025

BAYER. UNTERMAIN (mg/ld). Ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über ein 1,5 Meter großes Kruzifix im Eingang einer Schule sorgt bei uns in der Region für Diskussionen: Gehören Kruzifixe oder Kreuze noch in das Klassenzimmer? Sind sie in einer Zeit, in der immer mehr Schüler den Ethik- statt Religionsunterricht besuchen noch zeitgemäß oder vermitteln sie allgemeingültige Werte?

Wir haben für unsere Recherche zahlreiche Schulen im PrimaSonntag-Land kontaktiert. Viele trauen sich nicht, sich dazu zu äußern, ob noch Kreuze oder Kruzifixe in den Räumlichkeiten hängen. Denn einige Schulleitungen sind in Sorge, etwas falsch zu machen. Im bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Artikel 7 Absatz 4 heißt es zumindest für die Grundschulen: „Angesichts der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns wird in jedem Klassenraum ein Kreuz angebracht.“ Darauf beruft sich auch die Grundschule Stockstadt: „Wir haben in allen Klassenzimmern ein kleines Holzkreuz hängen, das auch unsere Lehrkräfte mit islamischer Religion nicht stört.“ In den 70er Jahren gab es hier sogar noch Kruzifixe aus Metall, als noch katholische Nonnen an der Schule unterrichtet haben. Doch die seien inzwischen abgehängt worden. Rektorin Preiss schreibt weiter: „Für die Kinder des islamischen Glaubens gibt es ein solches eindeutiges Zeichen wie das christliche Kreuz nicht. Auch darüber hatten wir einen Austausch mit unserem Schulpersonal. Bisher gab es keine Beschwerden oder Nachfragen hinsichtlich der Holzkreuze - und ich hoffe, dass es auch so bleibt.“

Kreuze mit Geschichte
Die Kreuze in der Fachakademie für Sozialpädagogik haben einen besonders weiten Weg hinter sich, sie stammen aus Südamerika: „Es sind bunte Frauenkreuze aus El Salvador. Jedes erzählt eine andere Geschichte“, erklärt Schulleiterin Sonja Roth. „In der Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher ist es, unserer Meinung nach, wichtig, sich Gedanken um die eigene Wertorientierung und Spiritualität zu machen - völlig unabhängig davon, ob und welcher Glaubensgemeinschaft man selbst angehört. Die Frage nach Gott wird von Kindern und Jugendlichen gestellt und jeder Heranwachsende hat ein Recht auf Spiritualität“, heißt es weiter. Nicht in jeder Schule hängen noch Kreuze - in der FOSBOS Obernburg zum Beispiel. In der Berufsschule Miltenberg-Obernburg zumindest noch zu einem Drittel: „Diese hängen offenbar schon seit Jahrzehnten dort, weil es früher üblich war“, so Schulleiter Alexander Eckert. In der Brentano-Mittelschule hängen schlichte Holzkreuze - Rektor Peter Lutz berichtet: „Im Falle einer Beschwerde würde ich dafür sorgen, dass einzelne oder auch sämtliche Kreuze entfernt würden. Das Thema Religion spielt an unserer Schule keine große Rolle, im kommenden Schuljahr werden nur ca. 35 % unserer Schüler:innen einen konfessionellen Religionsunterricht besuchen.“

KW29 Kreuze in Klassenzimmern Brigitte Brunner

Brigitte Brunner aus Schweinheim: „Da wir international sind und auch Kinder von anderen Ländern haben, müssten wir da ein bisschen umdenken. Also ich würde eigentlich nichts mehr hinhängen.“

KW29 Kreuze in Klassenzimmern Simon Josberger

Simon Josberger aus Nilkheim: „Ich finde es ein bisschen blöd für die, die eine andere Religion haben und nicht dem Christentum angehören. Wir haben ja sehr viele Religionen und wenn man da für jede etwas aufhängen würde, wäre es, glaube ich, etwas viel. Ich glaube, es ist einfacher zu sagen - macht das Schulgebäude religionsfrei.“

KW29 Kreuze in Klassenzimmern Corinna Maidhof

Corinna Maidhof aus Sommerkahl: „Ich kenne es noch von meiner Schulzeit, aber ich weiß nicht. Mittlerweile gibt’s ja so viele verschiedene Religionen. Auf der anderen Seite sage ich, die Migranten sollten sich auch uns anpassen, aber es gibt im Moment ja weniger Katholiken als alle anderen. Schwieriges Thema.“

KW29 Kreuze in Klassenzimmern Eva Meder Thuenemann

Eva Meder-Thünemann, Religionspädagogin aus Aschaffenburg: „Erlaubt ist es ja sowieso. Soweit ich weiß, ist es sogar Pflicht in Bayern. Ich bin schon dafür, dass Menschen Religionsfreiheit haben und leben dürfen. Ich persönlich bin Christ und natürlich freue ich mich, ein Kreuz zu sehen. Von mir aus muss es kein Kruzifix sein, wo also der leidende Christus dranhängt, sondern so ein schlichtes Kreuz fände ich passend. Es ist ja auch ein stückweit Tradition bei uns. Ich habe kein Problem damit, dass die Religion gleichwertig nebeneinander stehen, aber dass man jetzt alle Religion verdammt, finde ich wiederum schlecht.“

KW29 Kreuze in Klassenzimmern Juergen Herzing Oberbuergermeister der Stadt Aschaffenburg

Oberbürgermeister Jürgen Herzing: „Also in meinem Büro hängt ein Kreuz, ich bin dafür, dass es da ist. Ob man dafür eine Regel oder ein Gesetz braucht? Das ist unsere Grundkultur und dann muss man eigentlich damit leben, dass auch ein Kreuz in der Schule hängt.“

KW29 Kreuze in Klassenzimmern Ahmed

Ahmed aus Aschaffenburg: „Mich persönlich stört es nicht, ich bin Moslem. Ich habe damit kein Problem. Jeder soll seine Glauben ausleben und wenn es in der Schule hängt, dann hängt es dort. Wenn nicht, dann nicht. Auch wenn da vom Islam etwas hängt oder vom Judentum, ich bin da offen.“