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„Sie sind unsere Engel ohne Flügel!“

04.12.2022, 06:30 Uhr in PrimaSonntag
KW48 Kinderhospiz 1

KLEINHEUBACH (jm). Es ist der schlimmste Alptraum aller Eltern - das eigene Kind zu verlieren. Um Menschen auf diesem Weg zu begleiten, gibt es den Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Miltenberg. PrimaSonntag hat mit den Helfern über die Arbeit im Hospizdienst gesprochen und erfährt die Geschichte einer betroffenen Mama, die Unvorstellbares durchmacht und trotzdem voller positiver Energie ist. Eine Geschichte, die auch Mut macht.

„Trauern ist wie Pfützen springen“, zitiert Stefanie Münz. „Man muss da durch und man weiß nie, wie tief man fällt.“ Sie ist Mama des 14-jährigen Tobias. Er leidet an einem Gendefekt mit einem Hydrocephalus, einer Epilepsie und einer allgemeinen Gedeihstörung. „Tobi ist Shunt-versorgt, das heißt, er hat mehrere Implantate“, erklärt sie. „Die bergen alle ihre Risiken.“ Dadurch ist er lebensverkürzend erkrankt. Bei unserem Gespräch hat sie auch ein Bild ihres zweiten Sohnes dabei. D.* ist vor vier Jahren an den Folgen eines Sauerstoffmangels verstorben. Er wurde nur neun Jahre alt. „Als Eltern gehen einem bei solchen Diagnosen ganz viele Gefühle durch den Kopf“, erklärt die Mutter. „Man durchläuft erstmal verschiedene Phasen.“ Anfangs Unverständnis - man rennt von Klinik zu Klinik. „Man denkt: Die haben doch keine Ahnung, das kann nicht sein“, erinnert sich Stefanie Münz. „Aber irgendwann akzeptiert man und schaut, dass man das Beste daraus macht.“ Das Thema Tod gehört für sie zum Leben dazu. „Wie die Geburt ist der Tod einfach nur ein Abschnitt. Es ist nicht das Ende, es ist eher ein Übergang und normal, man kann darüber reden.“ Ihr Glaube hilft der Fünffach-Mama. „Ich bin ganz sicher, dass unsere Lieben noch da sind. Wir können sie nur nicht sehen.“ Über einen Flyer fand die Familie dann zum Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Miltenberg in Kleinheubach. „Wir hatten da wirklich ganz viel Glück und haben viele Menschen getroffen, die uns mittlerweile seit Jahren begleiten.“

Familien sind Chefs
Tanja Munzinger-Rust ist Koordinationsfachkraft des Kinder- und Jugendhospizdienstes. „Wir begleiten lebensverkürzend oder lebensbedrohlich erkrankte Kinder und Jugendliche.“ Dabei ist der Austausch mit den Familien sehr wichtig. „Sie sind unsere Chefs“, berichtet Jana Croy, die verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit ist. Diese Begleitung startet teilweise schon ab der Diagnose und kann über Jahre und den Tod hinaus weitergehen. Im Erwachsenen-Hospizdienst werden die Menschen lediglich während des letzten Lebensabschnitts begleitet. Für Eltern gibt es verschiedene offene Angebote. „Es besteht für trauernde Eltern auch die Möglichkeit, sich hier im Erinnerungscafé zu treffen“, erzählt Tanja Munzinger-Rust. Auch hier entstehen und wechseln die Angebote und Aktionen im Austausch mit den Familien. „Es geht einfach darum, die Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und natürlich auch die Eltern, sowie die Geschwister zu unterstützen und zu entlasten.“ Der Dienst aus Miltenberg ist für den Deutschen Kinderhospizverein e. V. tätig, der insgesamt 30 Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienste unterhält und als weiteres Angebot über die Kinderhospizakademie jährlich viele Angebote für Familien anbietet.

KW48 Kinderhospiz 2
Beate Deckenbach, Tanja Munzinger-Rust und Jana Croy

„Er ist ein starker Bub“
Einmal in der Woche besucht die ehrenamtliche Begleiterin Beate Deckenbach die Familie Münz. „Tobi ist zwar eingeschränkt in der Bewegung, aber mit dem Rollstuhl ist alles möglich“, erklärt die frühere Erzieherin. „Wir unternehmen immer ganz viele Spaziergänge.“ Dabei bestimmt Tobi, ob es in den Wald oder durch den Ort geht. Beate Deckenbach ist es ganz wichtig, den 14-Jährigen bei Entscheidungen mit einzubeziehen. „Er signalisiert mir dann mit Handzeichen, was er gerne möchte.“ An Regentagen ziehen sich die beiden dann oft in Tobis Zimmer zurück. „Momentan blättert er unglaublich gerne in Mappen oder letztens haben wir uns mit meiner Gitarre beschäftigt. Ich lasse mich da ganz auf ihn ein“, so die gute Seele der Familie Münz. In dieser Zeit haben die beiden schon einige Dinge miteinander erlebt. „Es sind kleine Erlebnisse von großer Bedeutung.“ Auch Stefanie Münz weiß, wie wichtig die Begleitung für ihren Sohn ist. „Die Ehrenamtler sind unsere Engel ohne Flügel.“ Tobias liebt es, draußen zu sein in der Natur. Er fährt aber auch für sein Leben gern Bus oder Bahn. „Klar ist er manchmal sehr traurig, er ist immerhin betroffen und auch Geschwisterkind“, erklärt die Mutter. „Man merkt aber so oft, wie stark dieser Bub ist. Er hat Spaß und lebt in den Tag wie ein normaler Junge.“ Das Wort Behinderung kann Stefanie Münz überhaupt nicht leiden. „Behindern tut uns nur die Gesellschaft.“

*Name bleibt auf Wunsch anonym.

KW48 Kinderhospiz 3
Tobi mit seiner Begleiterin Beate Deckenback

So können Sie spenden:

Der Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst Miltenberg finanziert sich zu 75 Prozent über Spendengelder. Für Familien ist die Begleitung und Unterstützung durch den ambulanten Dienst immer kostenfrei.

Sparkasse Miltenberg-Obernburg

IBAN-Nr.:DE51 7965 0000 0501 4286 19

SWIFT-BIC: BYLADEM1MIL

Raiffeisen-Volksbank Miltenberg

IBAN: DE94 5086 3513 0005 1249 64

SWIFT-BIC: GENODE51MIC

Deutscher Kinderhospizverein e. V.
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst Miltenberg

Schlosspark 6

63924 Kleinheubach

Telefon: 09371 6606851