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Sind das überhaupt noch Wölfe?

02.04.2023, 06:00 Uhr in PrimaSonntag
Wolf
BAYER. UNTERMAIN (mg). Der Wolf ist wieder da! Vor wenigen Wochen hat ein Wolf fünf Schafe im nicht weit entfernten Schlüchtern gerissen und zuletzt sind noch Schnappschüsse aus Bad Orb aufgetaucht. Das Beutetier zieht durch die bayerisch-hessische Grenzregion. Viele Menschen freuen sich über mehr Artenvielfalt, doch bei den Landwirten und vor allem bei unseren Weidetierhaltern sorgt das für Bauchschmerzen…

„Generell bin ich abgeneigt vom Wolf, bin ich ganz ehrlich. Der Wolf macht uns nur das Leben schwer, sehr schwer sogar. Die ganzen Jahre war alles gut, du konntest die Tiere draußen lassen und jetzt heißt‘s halt mehr Aufwand, mehr Arbeit, höhere Zäune bauen.“ Armin Bergmann aus Mömbris-Heimbach ist Schäfer aus Leidenschaft. „Im Moment ist Ruhe, die ganzen Schafe und Ziegen sind alle im Stall untergebracht. Im Frühjahr sollen wir die Landschaft sauber halten und gehen raus - und dann fangen die Probleme an.“ Der Bund Naturschutz (BN) ist sich den Problemen bewusst. „Die Schäfer sind sicherlich und auch völlig nachvollziehbar nicht glücklich über die Rückkehr des Wolfes. Er bedroht ihre Tiere und verursacht beim Schutz der Tiere Zusatzarbeit“, erklärt Uwe Friedel, Referat für Arten- und Biotopschutz beim BN. Für die Kosten des Herdenschutzes gibt es bereits eine Förderung, die jedoch an die Anwesenheit von Wölfen in der Region gebunden ist. Laut BN müsse sich das ändern, allen Schäfern sollte die Förderung zur Verfügung stehen. „Das Gefährliche ist nicht nur, wenn der Wolf jetzt ein Schaf reißt oder zwei - die ganze Herde bricht dann aus und läuft auf die nächste Schnellstraße“, äußert sich der Mömbriser Schäfer. Ein in der Region heimischer Wolf würde für viele Schäfer den Ruin bedeuten. „Ich kenne Berufskollegen, die haben aufgehört, weil es nicht mehr tragbar war mit dem Wolf. Das Durchschnittsalter von Schäfern liegt bei 58, junge Leute wollen den Beruf nicht mehr ausführen und die alten sterben langsam aus.“


Wolfspopulation steigend
Ein weiterer Bereich, der durch die Ankunft der Wölfe beeinträchtigt wird, ist die Jagd. „Treten Wölfe im Revier auf, ändert sich das Verhalten von Hirsch, Reh und Wildschwein. Das erschwert die Erfüllung der behördlichen Abschussvorgaben, die uns Jäger zu einer Mindestanzahl erlegter Wildtiere verpflichten“, so Johannes Maidhof, 1. Vorsitzender der Jägervereinigung Spessart-Aschaffenburg. Einen Wolf zu schießen, liegt nicht in der Entscheidungsgewalt der Jäger. „Der Wolf ist artenschutzrechtlich streng geschützt, eine Entnahme wird auf Regierungsebene angeordnet. Hierfür müssen besondere Gründe vorliegen, etwa wenn Wölfe sich Menschen gegenüber auffällig verhalten oder zur Abwehr ernster wirtschaftlicher Schäden.“ In Deutschland leben für das Monitoring-Jahr 21/22 (Stand: 25.11.2022) insgesamt 161 bestätigte Rudel, 43 Paare und 21 territoriale Einzeltiere. Der BN spricht von einem großen Wachstum, im Schnitt bei etwas unter 30 Prozent in den letzten Jahren. „Es ist aber zu erwarten, dass wir bald ein deutliches Wachstum haben werden, auch in Bayern“, lässt Friedel wissen.

Wolfshybride sorgen für Unruhe
„Wir sprechen keinem echten Wildtier das Recht ab, sich in seinem natürlichen Lebensraum zu entfalten“, äußert sich Dieter Diel, Vertreter der Koppelschafhalter für Unterfranken beim Landesverband Bayerischer Schafhalter. „In den wenigsten Fällen haben Schafhalter ein grundsätzliches Problem mit dem Wolf. Die Schäfer haben ein Problem mit dem Tier, das anstatt des Wolfes mittlerweile in Deutschland lebt.“ Der Schäfer, der mit seinen Tieren regelmäßig im Spessart unterwegs ist, spricht hier von Wolfshybriden. Diese entstehen, wenn sich ein Wolf mit einem Hund paart. Während der BN zu einem Großteil von reinrassigen Wölfen in Deutschland ausgeht, sind die Schafhalter anderer Meinung. „Lange Zeit, und auch noch jetzt, wurde bei Übergriffen von Wölfen ein Hund als Verursacher ausgemacht und die Betriebe mit den Schäden und allen Auswirkungen alleine gelassen“, so Diel. Bergmann pflichtet seinem Kollegen bei: „Ein Hybrider wird unter einem Hund abgestempelt und dann gibt es keine Entschädigung.“ Diel weiß von Fällen, bei denen nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Hier wurden Genproben von gerissenen Tieren genommen und ein wildernder Hund als Täter ausgemacht. Erst als die Schafhalter selbst aktiv wurden und Proben an neutrale Labore gesendet haben, kam raus, dass es sich wohl um hybridisierte Wölfe handelte. „Diese Wölfe sind nicht schützenswert, gefährden den ‚echten Wolf‘ durch die genetische Veränderung und müssen damit fachlich entnommen werden.“


Böse Vorahnung
Laut DBV ist der Wolf auch in andern Länder auf dem Vormarsch, der deutsche Bestand wäre keineswegs einzigartig oder besonders schützenswert. Ganz im Gegenteil - der Verband findet, dass der Wolf knapp 20 Jahre nach seiner Rückkehr nicht mehr zu den gefährdeten Arten gehört. Der Mömbriser Schäfer hat ein böse Vorahnung: „Ich weiß nicht, was die Leute wollen - warum ist der Wolf denn damals ausgerottet worden? Weil er nicht mehr tragbar war für die Menschheit!“ Laut ihm ist in Polen bereits ein Mensch von Wölfen angefallen und gefressen worden. „Es wird nicht mehr lange dauern, bis irgendwelche Menschen auch hier in Deutschland vom Wolf angefallen werden.“ Hoffen wir mal, dass es dabei nur bei einer Vorahnung bleibt…

KW13 Wolf
Armin Bergmann mit seiner Schafherde und dem Hütehund Heidi
KW13 Wolf2
Dieter Diel und seine Schafe