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Sitzen Wasserratten bei uns bald auf dem Trockenen?

09.02.2025, 08:00 Uhr in PrimaSonntag
KW06 Schwimmbaeder

BAYER. UNTERMAIN (mg/de). Seit Jahren bröckelt es in den Schwimmbädern am Bayerischen Untermain - im wahrsten Sinne des Wortes! Die meisten sind sanierungsbedürftig - wenn sie überhaupt noch offen haben. Immer mehr Hallenbäder in der Region schließen ihre Pforten. Und die, die noch offen haben, lassen die Gäste immer tiefer in die Tasche greifen. Im Durchschnitt kostet der Eintritt in ein Schwimmbad etwa 5 Euro pro Person, was für viele Familien immer weniger bezahlbar wird.

Besonders betroffen sind ländliche Regionen wie der Kahlgrund, in denen mittlerweile große Gebiete ohne ein öffentlich zugängliches Hallenbad auskommen müssen. Schulen haben hier noch einige Ausweichmöglichkeiten, doch für viele Vereine, Senioren und Freizeitschwimmer wird es immer schwieriger, eine Möglichkeit zum Schwimmen zu finden. „Die Versorgung mit Hallenbädern ist in unserem Landkreis unterschiedlich zu bewerten", erklärt Bernhard Polleichtner, Vorsitzender der Kreiswasserwacht Aschaffenburg. Während es in der Stadt Aschaffenburg mit dem Stadtbad noch eine gute Versorgung gibt, sieht es in vielen anderen Bereichen schlecht aus. Die Schließungen von Hallenbädern in Mömbris, Weibersbrunn, Mespelbrunn, Stockstadt und Mainaschaff haben dazu geführt, dass große Teile des Landkreises ohne öffentliches Hallenbad dastehen.

Schwimmkurse in Gefahr
Besonders dramatisch wird die Situation in Kleinostheim, wenn das dortige Vitamar ab 2026 für eine zweijährige Sanierung geschlossen wird. Für die zahlreichen Schwimmschulen gibt es derzeit keine Alternative. Auf Nachfrage teilt das Kleinostheimer Rathaus mit: „Mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich“ - eine Sicherstellung der Schwimmkurse scheint unwahrscheinlich. Auch wenn die Wiedereröffnung des Hösbacher Bads einen Lichtblick darstellt, kann es die große Nachfrage kaum decken. Julian Smyrek, Leiter der Kreiswasserwacht Miltenberg-Obernburg, sieht die Situation in seinem Landkreis etwas positiver. Mit fünf Hallenbädern in Miltenberg, Elsenfeld, Kleinwallstadt, Wörth und Faulbach ist die Versorgung hier noch besser. Doch auch hier fehlen Schwimmkapazitäten und steigende Nutzungsgebühren erschweren es Vereinen und Ehrenamtlichen, Schwimmkurse anzubieten.

Ursachen des Bädersterbens
Warum schließen immer mehr Hallenbäder? Die Gründe sind vielschichtig. Einer der Hauptfaktoren sind die hohen Kosten für Sanierung und Unterhalt. Viele Schwimmbäder sind in die Jahre gekommen, eine Modernisierung wird oft jahrelang hinausgezögert oder ist finanziell nicht stemmbar. Das Mömlinger Hallenbad musste deswegen schließen und es scheint auch dabei zu bleiben. Ein geplanter Neubau wurde abgesagt, sodass die Gemeinde auf lange Sicht ohne ein Hallenbad auskommen muss. Hallenbäder haben in den kommunalen Haushalten oft eine geringe Priorität. Und das obwohl gesetzlich festgelegt ist, dass Gemeinden Gelder für Renovierungen und Instandhaltungen zurücklegen müssen. Auch der Fachkräftemangel macht den Betreibern zu schaffen. So zum Beispiel das Hallenbad in Karlstein-Dettingen. Das bleibt für die öffentliche Nutzung geschlossen. Zwar können Vereine, Schulen und Schwimmkurse das Bad weiterhin nutzen, doch für die Allgemeinheit gibt es hier keine Badezeiten mehr. Grund dafür ist die fehlende Aufsicht: Der frühere Schulhausmeister, der diese Aufgabe übernommen hatte, steht nicht mehr zur Verfügung, und neues Personal konnte nicht gefunden werden. Aufgrund des Personalmangels ist die öffentliche Nutzung nicht möglich, da eine ständige qualifizierte Aufsicht fehlt. Bei Schwimmkursen hingegen ist eine Person mit entsprechender Qualifikation anwesend, sodass diese weiterhin stattfinden können. Das Bad wird voraussichtlich auch in der kommenden Saison für die öffentliche Nutzung geschlossen bleiben. Hinzu kommt die mangelnde Zusammenarbeit zwischen Kommunen in unserer Region. Zwar sieht die bayerische Gemeindeordnung vor, dass Gemeinden in solchen Fällen zusammenarbeiten sollen, doch in der Praxis werden Bäder oft von einzelnen Kommunen finanziert, ohne dass Nachbargemeinden sich beteiligen. Ein Beispiel dafür ist die Schließung des Bads in Mespelbrunn, dort lag die Last alleine auf der Gemeinde.

Lehrer beklagen zu viele Nichtschwimmer
Ein weiteres Problem ist der Mangel an qualifizierten Schwimmlehrern und freien Wasserflächen für den Unterricht. Laut Smyrek sind Schwimmkurse der Wasserwacht binnen weniger Minuten ausgebucht, doch es gibt zu wenige Hallenbäder, um das Angebot auszuweiten. Das Resultat: Immer weniger Kinder lernen schwimmen. Dies verschärft die Situation für Schulen und Vereine weiter. Studien zeigen, dass mittlerweile nur noch jedes zweite Kind mit zehn Jahren sicher schwimmen kann. Auch die Schulen kämpfen mit Problemen: Zwar steht Schwimmunterricht auf dem Lehrplan, doch wenn das nächstgelegene Hallenbad mehrere Kilometer entfernt ist und die Anfahrt mit hohem Aufwand verbunden ist, fällt der Unterricht oft aus. In Aschaffenburg hält Bürgermeisterin Jessica Euler mit dem Projekt „Schwimmen macht Schule“ dagegen und organisiert mit Ehrenamtlichen Kurse für Schüler. Doch auch hier bleibt das Angebot begrenzt. Besonders besorgniserregend: Auf Anfrage konnte die Pressestelle des Staatlichen Schulamts Miltenberg keine genauen Zahlen zu nicht schwimmenden Kindern nennen. Bestätigt wurde jedoch, dass Lehrkräfte an Schulen häufig beklagen, dass immer mehr Kinder nicht mehr schwimmen lernen und daher unsicher im Wasser sind.

Politik ist gefragt
Das Bädersterben am Bayerischen Untermain ist kein Naturgesetz, sondern eine Folge politischer Entscheidungen. Es bedarf langfristiger Lösungen, um den Betrieb und die Sanierung der Hallenbäder finanziell tragfähig zu machen. Weitere Schließungen wären fatal. Denn Schwimmen ist mehr als nur Freizeitvergnügen - es ist eine lebenswichtige Technik, die es zu bewahren gilt.

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