„Wir sind nicht alle so“

ALZENAU (mg).Zabilluah „Zabi“ Sadat kam 2015 im Alter von 22 Jahren aus Afghanistan nach Deutschland. Heute ist der 31-Jährige ein Beispiel für gelungene Integration. Die Messerattacke in Aschaffenburg hat auch ihn erschüttert. Der Alzenauer hofft, dass die Menschen nicht alle Geflüchteten über einen Kamm scheren.
Zabi lebt seit fast neun Jahren in Alzenau. Eine Zeit lang war er in der Unterkunft „Gasthaus zur Brezel“ untergebracht, wo auch der mutmaßliche Täter Enamullah O. wohnte. „Er ist kein Unbekannter für mich“, sagt Zabi. „Freunde, die noch in der Unterkunft wohnen, haben mir erzählt, dass er schon öfter Menschen mit einem Messer bedroht hat. Die Polizei hat ihn dann mitgenommen, aber nach ein paar Tagen war er immer wieder frei.“ Zabis Leben nahm einen anderen Weg. 2020 begann er eine Ausbildung bei der Alzenauer Glaserfirma Emmel GFT GmbH. Inhaber Michael Emmel erinnert sich: „Die Unterkunft, in der er damals lebte, war chaotisch. Also habe ich ihn rausgeholt und in meiner ehemaligen Jugendwohnung untergebracht.“ Heute gehört er zum festen Personal des Betriebs. „Zabi ist zuverlässig, spricht gutes Deutsch und bildet sich fachlich immer weiter“, lobt sein Chef. Für Zabi ist Alzenau längst zur Heimat geworden. „Ich liebe Frieden und Freiheit. Hier habe ich mein Leben aufgebaut, bin glücklich und gehe ganz normal arbeiten wie alle anderen auch.“
Angst vor Hass
Die Messerattacke in Aschaffenburg geht ihm nahe. „Es tut mir sehr weh, was passiert ist“, sagt er. Gleichzeitig hat er Angst vor den Reaktionen der Menschen. „Wenn ich auf die Straße gehe, gucken die Leute komisch, weil sie denken, dass wir alle so sind. Das ist kein schönes Gefühl. Ich habe Angst, dass die Leute Hass gegen mich entwickeln.“ Zabis größte Sorge gilt jedoch seiner Frau, die seit mehreren Jahren im Iran auf ein Visum wartet. „Wenn solche Taten passieren, wird es bestimmt nur noch schwerer, sie hierherzuholen.“ Zabi betont, dass er und viele andere Geflüchtete hier ein normales Leben führen wollen. „Die Leute, die herkommen, um eine Ausbildung zu machen und zu arbeiten, wollen sich integrieren. Solche Menschen, wie der Täter, müssen aber sofort abgeschoben werden - so schnell wie möglich, egal wohin.“
Gute und
schlechte Menschen
Auch andere Bewohner der Unterkunft, in der Enamullah O. lebte, bestätigen dessen auffälliges Verhalten. Ein ukrainischer Mitbewohner berichtet: „Er hatte Probleme mit dem Kopf. Einmal wollte er ein Mädchen töten. Die Polizei hat ihn mitgenommen, aber er war schnell wieder da.“ Zabi hofft, dass die Menschen nicht pauschalisieren. „Es gibt überall gute und schlechte Menschen. Und er ist ein sehr schlechter. In Afghanistan ist es auch verboten, mit einem Messer in der Öffentlichkeit herumzulaufen.“ Zabis Chef fasst es treffend zusammen: „Für mich ist Zabi der freundlichste Mensch, den man sich vorstellen kann.“