Vor uns die Sintflut?

BAYER. UNTERMAIN (ps/jdw). Auf der Hauptstraße, auf der sich normalerweise Autos durch den Ort schlängeln, strömt das Wasser entlang, Keller werden überflutet und Gullydeckel angehoben. Es ist eine kleine Sintflut, die Mitte Juli erneut über Mömlingen hereinbricht. Nicht zum ersten Mal steht die Hauptstraße unter Wasser, bereits 2021 und 2019 hat es den Ort getroffen - damals sogar noch um einiges härter.Und nicht nur Mömlingenleidetunter dem Starkregen, auch in Bessenbach, Haibach und Aschaffenburg hieß es vergangene Woche „Land unter“. Neben sintflutartigem Regen scheinen auch extreme Wetterumschwünge immer häufiger aufzutreten, die viele Menschen zusätzlich belasten. PrimaSonntag hat mit betroffenen Kommunen, der Feuerwehr und einem Arzt über die Folgen gesprochen.
Dass Ortschaften von besonders starken Regenfällen getroffen und in einen Ausnahmezustand versetzt werden, ist längst keine Seltenheit mehr. In der ganzen Region spielt das Wetter in den letzten Monaten und Wochen immer wieder verrückt. Überflutete Straßen, ausgehobene Gullydeckel und jede Menge Feuerwehreinsätze sind die Folge. Besonders vergangene Woche waren Einsatzkräfte im ganzen Landkreis stark gefordert, als erneut ein Unwetter über die Region zog. In den Gemeinden Haibach und Bessenbach wurden allein über 65 Einsatzstellen gemeldet. Straßen standen unter Wasser, Bäume stürzten um, zahlreiche Keller liefen voll. „In den vergangenen Jahren hatten wir besonders in Leidersbach immer wieder große Zerstörungen. Dort wurden mittlerweile Hochwasserschutzmaßnahmen getroffen, die auch Wirkung gezeigt haben. Darüber sollten sich alle Gemeinden mittlerweile Gedanken machen“, sagt Martin Spilger, Miltenberger Kreisbrandrat.
„Wird eher schlimmer als besser“
„In Mömlingen kommt das Wasser zwar schnell, fließt aber meist auch schnell wieder ab“, stellt Martin Spilger klar. „Leidersbach und Mömlingen sind die Orte, in denen vergangene Starkregen die schwersten Schäden verursacht haben. Gemeinden mit Hanglagen kennen Sturzbäche mit Schlamm und aufgeschwemmten Gullideckeln. Eschau und Obernburg sind hierfür Beispielorte.“ Durch den Klimawandel sei anzunehmen, dass solche Extremwetterereignisse zukünftig häufiger werden. „Es wird eher schlimmer, als besser. Mit Alarmierungs- und Einsatzkonzepten können die Gemeinden Maßnahmen im Voraus planen. So erarbeitet zum Beispiel der Markt Eschau in einem Hochwasseraudit eine Bestandsaufnahme in allen Ortsteilen und kann so Maßnahmen gegen Sturzfluten und Überschwemmungen als Folge von Starkregen effektiver angehen. Die Gemeinden, die am Main und seinen großen Zuflüssen liegen, sollten sich für Hochwasserszenarien wappnen“, so der Miltenberger Kreisbrandrat.
Brühe bis zum Oberschenkel
Die kurzen, heftigen Regenschauer überfordern Flüsse und Kanalisation, das Wasser tritt plötzlich über die Ufer und hinterlässt eine Spur der Zerstörung. Mömlingen ist in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder überschwemmt worden. Der Ortskern sei dauerhaft von Hochwasser bedroht, so das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg. Beim Amorbach handele es sich um ein kleines Gewässer, das bei extremen Regenfällen schnell über die Ufer tritt. Ein Großteil des Bachs im Ort sei verrohrt, er könne sich also nicht ausbreiten. Die Menge an Wasser, die durch Rohre abfließen kann, reiche bei Hochwasser nicht mehr aus. Die Folgen: Bereits mehrfach stieg die braune Brühe in der Ortsmitte bis auf Oberschenkelhöhe und jagte den Mömlingern einen ganz schönen Schreck ein. Die Stadt Aschaffenburg versucht, Lösungen zu finden: Bereits seit zehn Jahren habe sie an unterschiedlichen Stellen das Prinzip der Regenwasserversickerung umgesetzt, so Pressesprecherin Mailin Seidel. Normalerweise fließe Regenwasser in den Kanal und müsse in der Kläranlage gereinigt werden. Um ein Überlaufen zu verhindern, werde Regenwasser nicht mehr in den Kanal geleitet, sondern könne auf speziellen Flächen versickern.
Müdigkeit, Migräne, Stimmungsschwankungen
„Wetterumschwünge fordern unseren Körper, da er ständig versucht, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen“, erklärt Elmar Schmid, Internist in Miltenberg. „Bei Hitze erweitern sich die Gefäße, der Blutdruck sinkt dann oft ab. Beides kann den Kreislauf belasten und Symptome verursachen. Viele Menschen reagieren auf Luftdruckschwankungen mit Kopfschmerzen und Migräne. Auch Gelenkschmerzen können sich bei Kälte und Feuchtigkeit verstärken, vor allem bei vorbestehendem Rheuma oder Arthrose.“ Auch das Wohlbefinden könne bei Wetterwechsel leiden und zu Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Stimmungsschwankungen führen. „Wechselduschen, Saunagänge und regelmäßige Bewegung trainieren das vegetative Nervensystem und stärken den Kreislauf. Ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr sowie wenig Stress helfen“, erklärt der Miltenberger Facharzt.
Vorsicht vor Aquaplaning
Benedikt Pfister von der Fahrschule Sausemaus in Aschaffenburg weiß, wie man sich am besten bei Starkregen verhält. „Es ist wichtig, dass die Scheinwerfer sauber sind und dass die Scheibenwischer gut wischen, also nicht mit Schlieren oder porös sind“, so der erfahrene Fahrlehrer. Drei bis vier Millimeter Profiltiefe sorgen für mehr Sicherheit und verringern das Risiko von Aquaplaning. „Wenn es dann wirklich stark regnet, natürlich die Geschwindigkeit verringern.“ Viele Unfälle bei Starkregen passieren durch nicht angepasste Geschwindigkeiten und zu geringen Abstand. Kommt es zu Aquaplaning, müsse man Ruhebewahren, nicht stark oder ruckartig bremsen. Sobald der Reifen wieder Kontakt zur Straße hat, reagiert das Auto - und genau dann drohen gefährliche Ausbrüche. „Wenn das Wetter zu heftig wird, lieber einmal mehr eine Pause machen, als sich und andere zu gefährden. Denn auch beim Fahren gilt: Sicherheit geht immer vor.“ Wenn das eigene Haus durch starke Unwetter Schaden nimmt, wird es schnell teuer. In solchen Fällen greifen Elementarversicherungen. „Schäden von 20.000 oder 30.000 Euro sind nach heftigen Unwettern keine Seltenheit. Wer dann nicht abgesichert ist, hat einen riesigen finanziellen Schaden“, erklärt uns ein Versicherungsmakler von Leimeister. „Autos versichern wir für hunderte Euro im Jahr Vollkasko, aber wenn’s ums eigene Heim geht, sind dann 500 Euro im Jahr zu viel. Jeder, der Eigentum hat, sollte über eine Elementarversicherung nachdenken. Der nächste Starkregen ist nur eine Frage der Zeit.“