Spritzen am Röllbacher Trinkwasserbrunnen

RÖLLBACH (mg). Verrosteter Schrott, zerbrochene Flaschen und mitten drin… gebrauchte Insulinspritzen - nur wenige Meter neben dem Röllbacher Trinkwasserbrunnen. Was wie die Kulisse eines Endzeitfilms klingt, ist bittere Realität im Wasserschutzgebiet von Röllbach. Ein Ort, an dem eigentlich klares Wasser für die Gemeinde gewonnen wird, verwandelt sich still und schleichend in eine illegale Müllkippe. Zwischen Brennnesseln und Büschen quellen Altlasten aus dem Boden. Ein Mann versucht seit Jahren gegenzusteuern - doch der Preis ist Frust, Wut und das Gefühl, alleine zu kämpfen: „Man hat hier kein Gefühl für die Natur!“, klagt Lothar Herold.
Lothar Herold hat vor über 30 Jahren einen Teil des ehemaligen Steinbruchs direkt beim Trinkwasserbrunnen der Gemeinde Röllbach erworben. Früher wurde dort Sandstein abgebaut, seit den 60er Jahren ist der Steinbruch stillgelegt. „Ich habe den Steinbruch damals gekauft, um zu sehen, wie sich die Natur entwickelt, wenn man sie in Ruhe lässt“, berichtet Herold. Er wollte das Grundstück als naturbelassenes Biotop nutzen - ein Lebensraum, der sich ohne menschliche Eingriffe entwickelt und in dem eine natürliche Artenvielfalt vorherrscht. Doch über die Jahre ist ihm immer wieder aufgefallen, dass in dem Wasserschutzgebiet illegal Müll, Schrott und Bauschutt entsorgt werden. Herold suchte den Kontakt zu verschiedenen Ämtern, darunter die Gemeinde Röllbach, das Wasserwirtschaftsamt und das Landratsamt Aschaffenburg. Doch statt Hilfe und Unterstützung bei der Sicherung seines Naturbiotops zu bekommen, wurde er abgewimmelt, sagt er. Keiner fühle sich verantwortlich: „Man macht nichts, rein gar nichts!“
Ämter vor Ort - aber ohne Lösung
Laut Herold war
das Grundstück auf Grund der Abtragung vom Sandstein einst hügelig, doch
über die Jahre soll es mit Müll und Schutt aufgefüllt und eingeebnet
worden sein. „Kurz nachdem der Brunnen gebaut wurde, hat ein Landwirt
den Weg befestigt - mit Abrissmaterial von seinem Haus. Da sind Scherben
und Kabelreste drin. Ich habe das dem Landratsamt gemeldet. Sie sagten,
sie hätten es untersucht und es würde nicht ins Gewicht fallen. Vom
ersten Augenblick an nimmt man eine Verseuchung in Kauf“, berichtet der
Röllbacher. Er hat den Mann namentlich benannt - er war im Gemeinderat.
„Ich hab ihn dann selbst angesprochen: Guter Mann du bist im
Gemeinderat, sowas geht doch nicht. Doch es ging munter weiter. Jeder
sagt heute, er weiß nichts mehr davon“, berichtet Herold. Die
Umweltsünden sind nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar.
Versteckt zwischen hohen Brennnesseln und Büschen quellen große Mengen
an Müll und Schrott hervor - verrostete Autoteile, eine Ölwanne, ein
alter Ofen, Bauschutt und Plastiksäcke. Der illegal entsorgte Müll liegt
zum Teil schon länger auf dem Gelände und die Natur kämpft sich ihren
Weg durch den Altschrott. Aber auch erst kürzlich entsorgter Müll ist zu
finden - so auch der erschreckende Fund von Insulinspritzen in direkter
Nähe des Trinkwasserbrunnens. Lothar Herold suchte erfolgslos
Unterstützungen bei den verschiedensten Ämtern. Das Landratsamt
Aschaffenburg war für mehrere Begehungen vor Ort, kam aber zu dem
Ergebnis, dass die Verschmutzungen nicht von Bedeutung für die
Wasserqualität seien – dennoch handelt es sich um schützenswertes
Gebiet, auf dem wahrscheinlich über Jahrzehnte illegal Müll entsorgt
wurde. „An dem Tag, an dem das Wasserwirtschaftsamt und das Landratsamt
hier waren, sollte der damalige Bürgermeister Rudi Schreck dabei sein,
der die Stellen genau kannte. Aber er schickte nur seinen Wasserwart,
der von allem nichts wusste.“ Doch der Röllbacher wollte nicht einfach
nur weiter zuschauen und versuchte, Lösungen zu finden, um die
Umweltsünder fern zu halten: „Ich spendete der Gemeinde eine Schranke,
dass das endlich mal ein Ende hat!“ Doch genutzt wird die Schranke heute
nicht. Röllbachs aktueller Bürgermeister Michael Schwing erklärte uns
hierzu: „Es ist Sache der Gemeinde, inwieweit die Schranke geöffnet ist
oder nicht - nicht nach dem Empfinden von Herrn Herold.“
Wer übernimmt Verantwortung?
Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg bestätigte uns, dass es mit Herold aufgrund mehrerer Beschwerden zwischen 2018 und 2024 regelmäßig in Kontakt stand: „Wir haben seine Hinweise stets angenommen und bei Bedarf Ortseinsichten der technischen Gewässeraufsicht veranlasst und die festgestellten Missstände an das zuständige Landratsamt bzw. die Gemeinde Röllbach weitergeleitet.“ Vom Landratsamt Aschaffenburg bekamen wir auf unsere Anfrage keine Antwort - für die Gemeinde Röllbach antwortete Bürgermeister Schwing, jedoch verhalten: „Es gab mehrere Begehungen, auch mit dem Landratsamt - ohne Beanstandungen. Ich bin nicht der, der sich im Wasserrecht berufen fühlt, weitere Anstrengungen zu machen. Wenn die Aufsicht bestätigt, dass alles in Ordnung ist - was mache ich dann zusätzlich? Ich möchte es nicht so stehen lassen, als gehen wir mit der Wasserversorgung leichtfertig um. Die Wasserschutzzone 1 bis 10 Meter um den Brunnen herum ist abgezäunt.“ Zur generellen Umweltverschmutzung äußerte er sich nur knapp: „Ich weiß nicht, wer es ist.“ Herold solle die illegale Müllentsorgung doch anzeigen, doch Herold äußert sich erzürnt: „Die, die sich dafür interessieren müssten, wollen sowas nicht sehen.“ Natürlich stellt sich bei diesem ungeklärten Streit die Frage: Was befindet sich noch alles unter der Erde des stillgelegten Steinbruchs und wer übernimmt jetzt die Verantwortung und Initiative?















